Zum ersten Mal seit Jahren steigen die Grundwasserstände in Baden-Württemberg wieder. Doch das kann nach Einschätzung von Fachleuten schnell hinfällig werden.
Die Grundwasserspeicher in Baden-Württemberg sind nach dem verregneten Winter landesweit gut gefüllt. Erstmals seit Jahren seien die Grundwasserstände sogar wieder gestiegen, sagte der Präsident der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW), Ulrich Maurer, am Freitag in Karlsruhe. Die Böden seien feucht und könnten gut Wasser aufnehmen. „Das ist eine sehr gute, entspannte Situation im Moment.“
Doch diese könne rasch vorbei sein, wenn es mehrere Wochen nicht regne, sagte Maurer. „Dann kann es relativ schnell gehen.“ Die Dreisam bei Freiburg etwa könne dann im Sommer wieder austrocknen. Es gebe keinen Grund, warum es nicht auch in diesem Jahr längere Zeit trocken sein sollte, erklärte der Chemiker und Umweltexperte, der die LUBW seit August 2022 leitet. „Das ist das neue Normal, dass wir lange Trockenperioden haben.“ Insgesamt würden die Sommer infolge des Klimawandels trockener und die Winter feuchter.
Zwischen Trockenheit und Starkregen
In Reaktion auf diese Entwicklung hat die LUBW ein Niedrigwasser-Informationszentrum (NIZ) eingerichtet, das Daten und Informationen dazu sammeln und bereitstellen soll. Es solle etwa Ansprechpartner für betroffene Gemeinden sein, aber auch die Öffentlichkeit informieren, erklärte Maurer. Die Fachleute arbeiteten wie eine Stabseinheit bei Bedarf.
Der LUBW-Präsident verglich das NIZ mit der Hochwasservorhersagezentrale (HVZ), die im Grunde für die gegenläufige Lage zuständig sei. Die LUBW müsse sich aber auch darauf einstellen, dass beide Einrichtungen gleichzeitig gebraucht würden - wenn es etwa in einer Region des Landes sehr trocken sei und in einer anderen Starkregenereignisse gebe.
Klimawandel hat auch „the Länd“ fest im Griff
Maurer machte deutlich, dass noch nicht alle Messstellen dafür geeignet seien, Niedrigwasser zu erfassen. Dafür müssten die Pegel eher in der Mitte von Gewässern stehen, oft seien sie aber am Rande angebracht. Hier müsse nachjustiert werden.
Erfreut reagierte der LUBW-Präsident auf die Aussage von Bundesklimaschutzminister Robert Habeck (Grüne), dass das deutsche Klimaschutzziel für das Jahr 2030 erreichbar sei. Das sei eine „tolle Sache“, sagte Maurer. Dennoch habe der Klimawandel das Land fest im Griff. „Das Jahr 2023 war das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, sowohl global und deutschlandweit als auch für Baden-Württemberg“, machte er deutlich.
Daher müsse viel getan werden. So könne man etwa mit gezielter Verschattung von Gewässern die Temperatur um bis zu sechs Grad senken, nannte Maurer ein Beispiel. Zudem arbeite Baden-Württemberg mit Bayern, Rheinland-Pfalz und dem Deutschen Wetterdienst an einem Klimaprojekt zum Thema Wasser.
Baugewerbe bläst viel Treibhausgase in die Luft
Ein wichtiger Bereich, in dem man viele Ressourcen und auch CO2 einsparen könne, sei der Bausektor. „Dieser wird noch viel zu wenig beachtet“, sagte Maurer. Der Gebäudesektor verursache knapp 40 Prozent der Treibhausgasemissionen weltweit. In Baden-Württemberg würden 3,6 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr durch die Zementherstellung erzeugt.
Seit dem vergangenen Jahr unterstütze das Innovationszentrum Zirkuläres Bauen der LUBW die Branche. Ziel sei es, Bauabfälle als Ressourcen zu nutzen. Gebäude sollten eher saniert und umgebaut als abgerissen werden. Sollte dies unvermeidbar sein, müsse möglichst viel Material wiederverwertet werden, forderte Maurer. Bei Neubauten seien recycelte Materialien zu bevorzugen und solche, die sich wieder recyceln lassen.