Die Messstation in der Waiblinger Straße (links) gibt es seit 2006, die in der Gnesener Straße seit 1981. Fotos: Nagel Quelle: Unbekannt

Von Uli Nagel

Der bisher längste Feinstaubalarm in der Landeshauptstadt mit 15 Tagen endete am Montag um 24 Uhr. Doch die Debatten erhalten weiteren Zündstoff aus Bad Cannstatt. Die SPD sieht das Thema zu sehr auf das Neckartor fokussiert und fordert endlich auch Zahlen von der Waiblinger und Gnesener Straße. Was viele nicht wissen: Auch hier werden Feinstaub und Stickstoffdioxid-Werte gemessen.

Nach EU-Vorgaben darf die Belastung an maximal 35 Tagen über 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft liegen. Die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz zählte am Neckartor bis zum 6. Dezember 47 Überschreitungen. Keine Frage, der viel befahrene Standort ist in Stuttgart besonders belastet, weshalb die Verantwortlichen ihr Engagement auch dort verstärkt einbringen. In der Nähe war im Kampf gegen Feinstaub sogar eine Mooswand aufgebaut worden, da Moose Experten zufolge Feinstaubpartikel aus der Atmosphäre entfernen können.

Allerdings steht das Neckartor zur sehr im Fokus, wenn es um Feinstaub und Fahrverbote gehe. So jedenfalls die Meinung der Cannstatter SPD. „In der aktuellen Debatte zur Reduktion von Feinstaub bestehen erhebliche Informationsdefizite und fragwürdige Prioritätensetzungen“, heißt es in einem Antrag. Die Fokussierung auf die Messstelle Neckartor sowohl in der politischen Debatte als auch in der öffentlichen Diskussion nicht zuletzt über die Medien führe aktuell dazu, dass hinsichtlich konkreter Maßnahmen und übergeordneter Strategien zur Verbesserung der Luftqualität in Stuttgart jene Stadtbezirke, die außerhalb oder am Rand des Talkessels liegen, fast völlig aus dem Blick geraten seien.

Auch die Aufforderung an Pendler aus dem Umland, bei Feinstaubalarm Bad Cannstatt weiterhin anzufahren und auf dem Wasengelände zu parken, sei nach Meinung der Sozialdemokraten die falsche Botschaft. „Sie suggeriert, dass in Bad Cannstatt keine Probleme mit der Luftqualität bestehen“, heißt es in dem SPD-Antrag weiter. Das wurde übrigens auch schon von den Cannstatter Grünen kritisiert, als OB Fritz Kuhn Werbung für den „Feinstaub-Parkplatz“ auf dem Wasen machte.

In der Bürgerschaft gibt es laut SPD mittlerweile erhebliche Zweifel an dieser Situationsbeschreibung, die zur Verunsicherung führen und eine Klarstellung von städtischer Seite erfordern. An dieser Stelle wollen die Antragssteller wissen, weshalb von städtischer Seite nicht regelmäßig über die Luftbelastung in Bad Cannstatt informiert und aufgeklärt wird. Denn es gibt mit der Waiblinger Straße (seit 2006) und der Gnesener Straße (seit 1981) zwei Standorte zur Luftmessung. „Doch deren Messdaten sind nur teilweise einsehbar und werden zudem nicht über längere Zeiträume öffentlich und nachvollziehbar dokumentiert“, so die Kritik der Sozialdemokraten. Von daher besteht die dringende Notwendigkeit, die tatsächliche Belastung in Bad Cannstatt in Erfahrung zu bringen. Nur so lassen sich die realen Gefährdungspotenziale erkennen, geeignete Gegenmaßnahmen entwickeln und ihre empirische Wirksamkeit auf einer fundierten Grundlage beurteilen.

Die SPD fordert deshalb umgehend einen Bericht der Verwaltung, der unter anderem darstellen soll, ob die beiden Messstellen noch aktuell sind und ob noch weitere installiert werden können. Eine nicht ganz neue Forderung, denn das Thema stand bereits im Jahr 2012 auf deren Agenda. Schon damals wurde der innenstadtlastige Kampf der Rathausspitze gegen die Schadstoffbelastung angeprangert. Unterstützt wurden damals die Sozialdemokraten von den Grünen, die sich ebenfalls ein größeres Engagement „vor ihrer Haustüre“, wünschten und weitere Messstationen (Wilhelma-Kreuzung und Schmidener Straße) forderten.

Der Bezirksbeirat stimmte dem Antrag der SPD zu, allerdings mit der Ergänzung, dass neben einem Sachstandbericht auch die Daten der beiden Messstationen dauerhaft zugänglich gemacht werden.