„Blühende Verkehrsinsel“: Die ausgezeichnete Fläche beim Kreisverkehr am Ende der Erbastraße in Fellbach-Oeffingen. Foto: Dirk Herrmann

Fellbach wird bei einer Artenschutzauszeichnung des Landesverkehrsministeriums bedacht. Die mit der „Goldenen Wildbiene“ ausgezeichnete Rasenfläche befindet sich im Ortsteil Oeffingen. Im Rems-Murr-Kreis ist es erst die dritte derartige Würdigung.

Es gibt immer weniger Käfer, Schmetterlinge, Wespen, Hummeln oder Kuckucksbienen: Der Lebensraum für Wildbienen und andere Insekten wird knapp. Rund 42 Prozent der heimischen Insektenarten sind, wie Forscher ermittelt haben, in ihrem Bestand stark reduziert oder vom Aussterben bedroht. Dabei sind sie für alle Lebensräume unersetzlich: Sie bestäuben Blüten, bekämpfen Schädlinge und tragen zur Fruchtbarkeit der Böden bei. Der Rückgang der Insekten hat dramatische Auswirkungen auf Mensch und Umwelt.

Vor-Ort-Aktionen gegen das Insektensterben

Die stetig abnehmende Zahl an Insekten ist jedenfalls nicht mehr wegzudiskutieren. Artenschutz als großes Ziel für die Erhaltung der Natur ist ein hehres Unterfangen und leicht gesagt. Doch erst in den konkreten Umsetzung erweist sich, wie ernsthaft dieses Vorhaben von den Bürgerinnen und Bürgern oder Verantwortlichen in den Verwaltungen vor Ort angegangen wird.

Um diesem Dilemma gegenzusteuern, hat das Verkehrsministerium des Landes Baden-Württemberg 2019 den Wettbewerb „Goldene Wildbiene“ gestartet. Jedes Jahr wurden seitdem zehn Bewerber ausgezeichnet. „So wie Straßen Orte verbinden, kann das Straßenbegleitgrün auch Lebensräume verbinden und somit den Biotopverbund unterstützen“, erläutert Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Ungenutzte Flächen an Straßen in blühende Inseln zu verwandeln ist die Idee hinter dem Wettbewerb. An den in der Regel artenarmen Grünflächen der Straßenräume soll der Lebensraum für Insekten mit blühenden Wildarten erweitert werden, um so dem dramatischen Rückgang heimischer Insektenarten entgegenzuwirken.

Von 36 Bewerbungen wurden jetzt zehn ausgewählt

40 Städte, Gemeinden oder Landkreise wurden bisher ausgezeichnet. Jetzt hat das Ministerium die nächsten zehn prämierten Kommunen der jüngsten, fünften Runde bekannt gegeben. 36 Bewerbungen waren eingegangen, zehn kamen zum Zug. Nun darf sich Fellbach über die Auszeichnung mit der „Goldenen Wildbiene“ freuen. Denn auch in Fellbach wird verstärkt das Straßenbegleitgrün umgewandelt, um die Lebensbedingungen für Insekten zu verbessern. Die entsprechende Tafel wurde bereits vor wenigen Tagen im Ortsteil Oeffingen aufgestellt und informiert die Nachbarschaft ebenso wie Radfahrende oder Spaziergänger über die Auszeichnung. Die insektenfreundlich gestalteten Grünfläche liegt im nördlichen Fellbacher Stadtteil beim Kreisverkehr ganz am östlichen Ende der Erbastraße. Das Projekt zeigt, wie erfolgreicher Artenschutz vor Ort gelingen kann.

Das kleine Areal hatten Expertinnen und Experten aus dem Fellbacher Tiefbauamt als passend eingestuft, um es für den Wettbewerb vorzuschlagen. Die straßenbegleitende Grünfläche neben dem Kreisel der Erbastraße umfasst rund 155 Quadratmeter.

Ausgewählt wurde dieser Bereich auch wegen der räumlichen Nähe zur Oeffinger Schillerschule. Denn diese Schule hat eine Arbeitsgemeinschaft, die den Titel „Klassenzimmer im Grünen“ trägt, und sie begleitet die Entwicklung der Fläche. „Die Schülerinnen und Schüler können so beobachten, wie sich die Flora und Fauna im Jahresverlauf verändert“, heißt es zur pädagogischen Motivation aus dem Rathaus.

Klassenzimmer im Grünen

Im April dieses Jahres wurde die Fläche durch den Bauhof der Stadt Fellbach eingesät. Die ehemalige Rasenfläche hat sich mittlerweile in eine bunte Blumenwiese aus heimischen Wildarten verwandelt. Das erfreut nicht nur die Betrachter, vielmehr dient die neue Blühfläche vor allem Insekten als Lebensgrundlage. „Wildbienen, Schmetterlinge und Co. finden in den heimischen Pflanzen wichtige Nahrung, also Pollen, Nektar, Blätter et cetera, sowie einen Nistplatz“, so die Erläuterung.

Mit der Umgestaltung konnten die Planer aus dem Rathaus und die Eleven der Schillerschule auch die Fachjury des Wettbewerbs „Blühende Verkehrsinseln“ überzeugen. Die Experten kürten die insektenfreundliche Fläche in Oeffingen als einen der zehn Gewinner im Wettbewerb 2023. In der Begründung für das positive Votum wird darauf verwiesen, dass durch die Umwandlung der Rasenfläche in eine artenreiche Wildblumenwiese zwischen den Gärten im Wohngebiet und den angrenzenden Landwirtschaftsflächen quasi ein „Trittstein“ für Insekten entstanden sei. Die Fläche biete diesen Nahrung und ein Überwinterungsquartier, da ein Teil der Pflanzen auch über den Winter stehen gelassen wird.

Die Jury des Wettbewerbs setzte sich aus Vertretern des Ministeriums für Verkehr Baden-Württemberg, des Landesnaturschutzverbandes Baden-Württemberg, des Bunds für Umwelt- und Naturschutz (BUND) Baden-Württemberg, des Naturschutzbunds (Nabu) in Baden-Württemberg und der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen zusammen. Bewertet wurden unter anderem die verwendete Saatgutmischung und die fachliche Expertise des Konzepts. Auch das sonstige Engagement der Bewerber für den Insektenschutz wurde bei der Bewertung berücksichtigt.

Ein Zeichen für künftige Generationen

Die weiteren Gewinner der „Goldenen Wildbiene“ sind neben Fellbach die Städte Hemsbach und Rauenberg, außerdem die Gemeinden Grünkraut, Igersheim, Rickenbach und Walzbachtal sowie der Rhein-Neckar-Kreis, ebenso der Landkreis Waldshut und der Ostalbkreis.

Die klare Einschätzung der Fachjury zur Bewerbung aus dem vorderen Remstal: Fellbach setze mit der umgestalteten Fläche ein Zeichen für den Artenschutz – und für zukünftige Generationen.

Weitere Informationen online unter: www.bluehende-verkehrsinseln.de

„Goldene Wildbiene“ im Rems-Murr-Kreis

Rems-Murr-Verwaltung
Bereits zwei Mal ging die güldene Wildbiene in das Gebiet östlich der Landeshauptstadt. Das Waiblinger Landratsamt erhielt die Auszeichnung 2021. Landrat Richard Sigel sagte bei der Übergabe: „Wichtig ist mir, nicht nur bunte Blumenwiesen anzulegen; wir schaffen einen dauerhaften Lebensraum für zahlreiche Insekten.“

Althütte
Im Jahr 2022 folgte Althütte. „Unser Bauhof ist seit vielen Jahren bei dem Projekt blühender Naturpark dabei und hat mehrere Flächen auf dem Gemeindegebiet entsprechend umgestaltet“, sagte Bürgermeister Reinhold Sczuka mit Blick auf die gut 200 Quadratmeter große Wiese an der Hauptstraße. „Auch dank des herausragenden Insektenhotels wird diese Fläche optisch aufgewertet und gibt mit der Blühfläche und den Insekten ein sehr stimmiges Bild ab.“