Mohamed Elharrif (li.) und Soumela Amiridou beraten und helfen in der Anlaufstelle Langzeitarbeitslosen ab 27 Jahren. Foto:  

Seit vergangenem Jahr hilft das Netzwerk Neugereut Langzeitarbeitslosen. Die Corona-Pandemie meistert das Team und bekommt Zulauf, auch weil viele in der Krise ihren Job verlieren und Hilfe brauchen.

Neugereut - Sie sitzen zentral am Marktplatz in Neugereut in der Marabustraße 35 und haben ihre Türen offen für Langzeitarbeitslose im Alter ab 27 Jahren. Das Netzwerk Neugereut, welches ein Projekt der Gesellschaft für Jugendsozialarbeit und Bildungsförderung (GJB) ist. Im Büro sind an diesem Nachmittag Soumela Amiridou und Mohamed Elharrif, gebürtiger Ägypter. Sie stehen bereit, um Menschen, die Arbeit und Weiterbildung benötigen, weiterzuhelfen. Mit zum Team zählt noch Kateryna Kats. Sie stammt aus der Ukraine und hat Erziehungswissenschaft und Sozialpädagogik studiert. Danach war sie in der Erwachsenenbildung tätig. Und die Leitung hat Volker Kraft von der GJB.

Seit Mitte März hatte auch das Büro des Netzwerks Neugereut vorübergehend zugemacht wegen der Corona-Pandemie und war telefonisch erreichbar sowie abwechselnd präsent, der Rest der Mitarbeiter im Home Office. Seit Mitte Mai ist es wieder geöffnet und startet es durch. Denn gerade durch die Krise ist die Anlaufstelle gefragter denn je.

Mitarbeiter Mohamed Elharrif hat an der Universität Mainz Angewandte Sprach- und Kulturwissenschaften studiert und ist als Diplomübersetzer tätig gewesen sowie als Reiseführer in seinem Heimatland Ägypten. Dann war er freiberuflicher Übersetzer und zuletzt Berater für Arbeitslose. Amiridou ist in Deutschland geboren und hat griechische Wurzeln. Die gelernte Einzelhandelskauffrau und Mutter von zwei Söhnen hat sich als Arbeitserzieherin weitergebildet und ist dann zum Netzwerk Neugereut gekommen.

Rund 130 Teilnehmer zählt das Netzwerk seit Beginn des Projekts, berichtet Amiridou. Etwa 40, 50 Arbeitssuchende seien vermittelt und qualifiziert worden. Es kämen sogar Teilnehmer aus Zuffenhausen und Esslingen. Die Besucher suchen Jobs, Hilfe bei Anträgen wie Wohngeld, Wohnberechtigungsschein oder Kindergeld. „Wir haben die Routine“, sagt Amiridou. Und Elharrif hat die Erfahrung gemacht: „Ohne Papiere geht es nicht.“

Die Corona-Krise hat das Team vor weitere Herausforderungen gestellt, die sie gemeistert haben: So behalfen sich die mehrsprachigen Mitarbeiter mit Vollmachten, um die Papiere bearbeiten zu können. Anträge für Arbeitslosengeld I und II, für die Mietverträge, Arbeitsbescheinigungen und Pässe notwendig sind. „Man muss sich gut mit dem Computer auskennen“, sagt Elharrif. „Viele haben durch Corona ihren Job verloren“, so die Erfahrung des Teams. Die Folge: Das Netzwerk hat durch das Virus mehr Zulauf bekommen.

Es kommen auch Menschen, die Hilfe bei der Anerkennung ihrer Zeugnisse brauchen, Sprachkurse, Papiere beglaubigen lassen wollen. „Wir arbeiten mit dem Jobcenter in Mühlhausen und seit kurzem mit allen Jobcentern aus Stuttgart zusammen“, sagt Amiridou. Hilfreich sei, dass sie mit dem Jobcenter kommunizieren und bei Problemen schlichten und vermitteln können. „Die Hilfesuchenden seien froh, dass wir da sind“, weiß Amiridou.

Nach den Sommerferien gehen verschiedene Angebote weiter. Etwa das Projekt Ziann. Hier treffen sich Frauen, überwiegend aus Afghanistan, um sich beim Basteln kulturell auszutauschen, donnerstags von 10.30 bis 12.30 Uhr. Auch in der Flüchtlingsunterkunft in Neugereut stehen die Mitarbeiter des Netzwerks in Kontakt und bieten Deutschlernstunden an. Dass der Weg ins Arbeitsleben nicht immer leicht ist, zeigt, dass jetzt noch Teilnehmer des Vorgänger-Programms mit dabei sind. Das Team des Netzwerks begleitet die Arbeitssuchenden mit Bewerbungstrainings, hilft bei Bewerbungsmappen und versucht ihnen, auf ihrem Weg ins Arbeitsleben Stabilität zu geben. „Wir haben Zeit und nehmen sie uns“, sagt Amiridou. Das Netzwerk Neugereut hat schon Vorläufer-Projekte: Das Biwaq 3 und 4-Projekt. Im Juni 2015 fing die Arbeit unter dem Namen „Neugereut aktiv“ an. Seit 2019 gibt es beim Projekt „Netzwerk Neugereut“ im Rahmen des ESF-Bundesprogramms „Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier – BIWAQ“ eine Förderrunde von 2019 bis 2022 durch das Bundesinnenministerium, den Europäischen Sozialfonds und das Jobcenter Stuttgart.