In der Region ist der Grasfrosch so gut wie nicht mehr zu sehen. Foto: imago

Auch in diesem Jahr sind die Amphibien in Leonberg und Umgebung wieder gewandert. Naturschützer warnen, dass die Bestände zurückgehen – und das hat Folgen für das ganze Ökosystem.

Im März und April waren wieder Kröten, Frösche und Molche zu ihren Laichplätzen unterwegs. In diesem Jahr habe es gute Bedingungen für die Amphibienwanderung gegeben, wie Astrid Grauel vom Nabu Leonberg erzählt. Sie betreut die Wanderstrecken zwischen Rutesheim und Renningen, Perouse und Flacht und Rutesheim und Flacht. „Sie konnten dort super durchwandern, es gab keine störenden Kälte- oder Trockenperioden“, so die Naturschützerin.

Trotzdem bereiten die Amphibien Naturschützern in der Region Sorgen. Denn um die Kröten, Frösche und Molche steht es schlecht – und zwar in ganz Deutschland, wie Grauel erklärt. „In den letzten Jahren haben die Bestände extrem abgenommen.“

Das machte sich bei der diesjährigen Wanderung bemerkbar: „Es war ein normales Jahr im negativen Sinne“, schildert Jörg Herter, Erster Vorstand der BUND-Ortsgruppe Weissach und Flacht. Naturschützer betreuen dort vor allem die Wanderstrecke zum Laichgebiet Neue Wiesen, die über die Straße zwischen Perouse und Friolzheim führt. „Seit Jahren gibt es einen drastischen Rückgang bei den Amphibien.“ 2017 konnten laut Herter noch 2000 Tiere in dem Gebiet gezählt werden, 2023 seien es nur knapp 700 gewesen.

Klimawandel die zentrale Ursache für Amphibiensterben

Ähnliches zeigte sich auch im Höfinger Täle: 2020 sind laut Zahlen des Nabu Leonberg dort etwa 1600 Amphibien unterwegs gewesen. Über die Jahre sank diese Zahl, 2023 waren es nur noch 475. Auch Astrid Grauel hat rund um Rutesheim in den vergangenen Jahren Ähnliches beobachtet: Dort gebe es Zäune, an denen früher viel los gewesen sei, bis dann aber plötzlich weniger Tiere kamen. Da die Zahlen für die Amphibienwanderung 2023 noch nicht ausgewertet seien, könne jedoch noch keine Aussage zu den Beständen in diesem Jahr getroffen werden.

Hinter dem Verschwinden der Amphibien stecken laut Grauel und Herter verschiedene Ursachen: der Verkehr, die Landwirtschaft, in der Pestizide eingesetzt werden, die zunehmende Bebauung und der Verlust von Lebensraum für die Tiere. Als zentralen Grund vermuten sie auch den Klimawandel, der zu Trockenperioden führt. Denn in den heißen Sommern trocknen die Gewässer aus, wie Astrid Grauel erklärt. Zudem gebe es bei großer Hitze weniger Insekten zum Fressen. „Und wenn die Winter mild sind, schlafen die Tiere nicht so tief und verbrauchen mehr Energie“, so die Naturschützerin.

Sorge um den Grasfrosch

Besondere Sorgenkinder sind dabei die Grasfrösche: „Im Gebiet Neue Wiesen gibt es so gut wie keine mehr. Das war früher anders“, so Jörg Herter. 2023 seien nur zwei Tiere dieser Art in dem Gebiet gezählt worden. Auch auf den Wanderstrecken im Krummbachtal, am Herdweg und im Bereich des Körnlesbrunnens, welche die Nabu-Gruppe Gerlingen betreut, gingen seit Ende der 90er Jahre die Grasfrosch-Bestände zurück, wie der Naturschützer Stefan Schweizer erklärt. Die Zahlen zur Amphibienwanderung 2023 in Gerlingen liegen jedoch noch nicht vor.

Auch Astrid Grauel hat in den vergangenen Jahren auf den Strecken rund um Rutesheim beobachtet, dass weniger Grasfrösche unterwegs waren. Die Tümpel am Flachter Tor seien der einzige Ort in der Umgebung, an dem der Bestand dieser Art stabil zu bleiben scheine. Der Grasfrosch sei in ganz Baden-Württemberg bedroht, erläutert Grauel.

Auch die Bergmolche verschwinden

Im Höfinger Täle bei Leonberg bereitet dagegen eine andere Art Sorgen. „Der Bestand der Bergmolche ist ganz dramatisch eingebrochen“, erzählt Barbara Boysen vom Nabu Leonberg. Während Zählungen des Nabu zufolge seit 2020 jährlich um die 900 oder 1000 bei den Amphibienwanderungen unterwegs waren, traten 2023 gerade einmal 169 auf. „Vermutlich haben sie den letzten trockenen Sommer nicht überlebt“, erklärt sich Boysen den Rückgang. Im Gebiet der Neuen Wiesen bei Weissach geht der Bergmolch-Bestand seit Längerem zurück, so auch bei der diesjährigen Amphibienwanderung, wie Zahlen des BUND zeigen: Traten 2018 noch 291 Bergmolche auf, waren es 2023 nur noch 113. Auf den Wanderstrecken rund um Gerlingen haben die Bestände von Berg-, Teich- und Fadenmolchen bereits seit den 90er Jahren stark abgenommen, so Stefan Schweizer.

Wenn Amphibien zunehmend verschwinden, hat dies Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem. Denn sie haben darin einen wichtigen Platz, wie Jörg Herter erläutert. „Einerseits jagen sie Käfer und Spinnen, andererseits sind sie Beute für Vögel.“ Amphibien wie der Grasfrosch seien Teil unserer Heimat. „Wenn sie verschwinden, ist das auch ein Verlust für die heimische Natur.“