Werner Seel (links) und Marc Holzner vor dem Foto:  

Racketlon-Spieler Werner Seel und Marc Holzner haben Alternativen zu Sporthallen gefunden.

Stuttgart - Die Funktion von Parkhäusern ist selbstredend: Um dort zu parken, meistens mit Autos. Doch seit der Corona-Pandemie samt Einschränkungen im gesellschaftlichen und sportlichen Alltag kommt den Unterstellmöglichkeiten für motorisierte Fahrzeuge eine weitere Funktion zu: Sie werden zu Sportstätten umfunktioniert. So wie ein Parkhaus irgendwo in Stuttgart. Dort, in einer oberen Etage, sind Werner Seel und Marc Holzner in schnittigen Sportklamotten ab und an anzutreffen. Sie packen ihre Schläger aus und schlagen einen Ball gegen die Wand. Nach geraumer Zeit sind sie auf Betriebstemperatur. Eine Voraussetzung, die ebenfalls auf das Spielgerät zutreffen sollte. „Der Ball ist aus Gummi und erhält seine Elastizität erst, wenn er eine gewisse Temperatur hat“, sagt Werner Seel. Im Freien keine Selbstverständlichkeit, schließlich haben die beiden auch schon bei Temperaturen um den Gefrierpunkt ihr Equipment ausgepackt. Da könne es zäh werden, bis sich das runde Ding von seiner besten elastischen Seite präsentiere, schmunzelt Seel.

Doch beklagen wollen sich die beiden nicht, im Parkhaus kommen sie ihrer Leidenschaft, dem Squashspielen, wenigstens etwas nahe. Auch wenn im Vergleich zum sportartspezifischen „Käfig“ eine Wand fehlt, könne man Vorhand und Rückhand spielen und auch in etwa ein ähnliches Feeling wie im Court erzeugen, sagt Holzner, der die Idee zum „Urban-Sport“ unterm Parkhausdach hatte. Der 52-jährige, ehemalige Tischtennisspieler des Sportbunds Stuttgart und der SportKultur Stuttgart machte sich Gedanken, wo es unter Berücksichtigung der Corona-Regeln möglich wäre, quasi im Freien gegen Wände zu schlagen. Da kamen ihm Industriegelände in den Sinn. „Die sind aber meistens gesperrt und so fielen mir noch Parkhäuser ein.“ „Eine gute Alternative“, wie auch Seel meint, einzig die geringe Deckenhöhe stelle eine Herausforderung dar. Meckern will der Tischtennisspieler der SportKultur Stuttgart und ehemalige Libero der Spvgg Cannstatt nicht. Während Holzner zum Spaß an der Freude spielt, sind die Parkhaus-Einsätze für Seel nämlich gleichzeitig auch Trainingseinheiten.

Er ist aktiver Racketlon-Spieler und für den Bundesligisten Ballmacht Stuttgart im Einsatz. Racketlon ist eine Turniersportart, die aus den vier Schlägersporarten Tischtennis, Badminton, Squash und Tennis besteht. 2005 war Seel sogar Weltmeister in der Amateurklasse.

Andere Teildisziplinen seiner Sportart versucht er ebenfalls irgendwie auszuüben. So wurde kurzerhand bei einem Kumpel im Wohnzimmer eine Tischtennisplatte aufgebaut. „Geht alles, wenn man will“, lacht Seel. Nur müsse man Rücksicht auf spielende Kinder nehmen. Zu Weihnachten stand zudem der Tannenbaum „recht ungünstig“.

Mit Badminton haben es Seel und Holzner auch schon versucht – auf dem obersten Parkdeck. Es blieb jedoch beim Versuch. „Der Wind war zu heftig, wir haben mehr Federball als Badminton gespielt.“ Ganz auf Racketlon verzichten musste Seel indes nicht. Vergangene Woche fuhr er mit seinem Team nach Hessen. „Dort ist das Spielen in der Halle erlaubt. Nur Duschen und gemütliches Beisammensein gehen nicht.“

Auch wenn die beiden kreativ sind und das sportliche Ausweichquartier irgendwie Charme habe, würden sie es befürworten, wenn Parkhäuser schleunigst wieder ihrer eigentlichen Funktion – dem Parken von Fahrzeugen – nachkommen und „wir wieder in die Hallen und Courts zurückkehren könnten“.