„Du kannst nicht vorbei!“: Mann stoppt Bus in Holzgerlingen. Foto: Unsplash/Matthew Ball

Wenn ein Holzgerlinger Busstopp zur Kulisse für ein Tolkien-Drama wird.

Der Öffentliche Personennahverkehr ist nicht unbedingt für nervenzerfetzende Konflikte von epischem Ausmaß bekannt. Man steigt ein, zeigt sein Ticket und lässt sich dorthin fahren, wo es einen eben gerade so hindrängt – zur Schule, zur Arbeit oder nach Hause, wo wir dem tristen Alltag entfliehen können, indem wir uns spannende Geschichten reinziehen. Wunderbar eskapistisch ist zum Beispiel Tolkiens „Der Herr der Ringe“, in dem der Zauberer Gandalf sich in den Minen von Moria mutig dem übermächtigen Dämon Balrog in den Weg stellt.

Jenseits von Mittelerde passiert so etwas doch eher selten – schon gar nicht im ÖPNV. Wobei sich auch hier so mancher Passagier wie ein rüpelhafter Ork aufführt und andere ein Sozialverhalten wie Gollum an den Tag legen, wenn es darum geht, älteren oder kranken Menschen die eigene Sitzgelegenheit anzubieten („Meeeiiin Plaaatzzz!!!“).

Aber dramatische Duelle zwischen Zauberern und Dämonen gibt es eben nur in Geschichten. Oder doch nicht? An einer Bushaltestelle in Holzgerlingen hatte sich zuletzt tatsächlich ein Machtkampf von Tolkien’schen Dimensionen entsponnen. Ein eher prosaisch verfasster Polizeibericht berichtet uns davon, wie ein 50-jähriger Mann sich aus Protest vor einen Bus gesetzt und sich nicht mehr habe wegbewegen lassen – zum Ärger der Fahrgäste und weiterer hinter dem Bus wartender Verkehrsteilnehmer.

Bei Tolkien wär’s anders ausgegangen

Offenbar war der Mann mit Verspätung zur Haltestelle gekommen, weswegen der Busfahrer ihm dem Zutritt verwehrte. Anstatt aufs Knöpfchen zu drücken und den Konflikt damit in Luft aufzulösen, schaltete der Mann am Lenkrad auf stur. Allerdings wollte auch der abgelehnte Fahrgast nicht weichen. Unbestätigten Augenzeugenberichten zufolge hielt er einen an der Spitze hell aufleuchtenden Stab hoch und schleuderte dem Fahrer mit Todesverachtung die Worte „Du kannst nicht vorbei!“ entgegen.

Bei J. R. R. Tolkien hätte die Szene vermutlich mit einem spektakulären Kampf geendet. Hier war es am Ende jedoch die Polizei, die ÖPNV-Gandalf und Busfahrer-Balrog auseinanderdividierte. Und anders als im „Herr der Ringe“ wird sich der Sitzrebell nun wohl auch nicht in einen weißen Zauberer verwandeln, sondern schwarzärgern, weil ihn eine Anzeige wegen Nötigung erwartet.

Ein Beitrag aus den „Bonbons“, der wöchentlichen Humorkolumne dieser Zeitung.