Von Barbara Munker

Esslingen - Norman Oppenheimer geht einem mächtig auf die Nerven, aber zugleich hat man Mitleid mit dem Möchtegern-Geschäftsmann, der sich ständig anbiedert. Ist er ein Betrüger oder nur ein geltungssüchtiger Schwätzer, der als selbst ernannter Macher wichtige Leute für große Deals verbinden will? Die Antwort gibt Regisseur Joseph Cedar in der komplexen Tragikomödie „Norman“ - die Titelrolle übernahm Richard Gere. In dieser unglamourösen Rolle meistert der 68-Jährige eine schwierige Gratwanderung: Gere verwandelt sich völlig in diesen seltsamen Kauz, der mit Kamelhaarmantel, grauer Tweed-Kappe und Telefonstöpseln in den Ohren durch die Straßen von Manhattan läuft - ständig auf der Pirsch nach wichtigen Kontakten und von der Idee besessen, einen ganz großen Coup zu landen.

Kleine Geschenke, große Wirkung

Der Untertitel „Der bescheidene Aufstieg und tragische Fall eines New Yorker Geschäftsmanns“ verrät es schon: Die Sache nimmt kein gutes Ende. Doch zunächst gelingt Norman ein vermeintlich großer Erfolg: Er lernt den Nachwuchspolitiker Micha Eshel aus Israel kennen, den er mit einem sündhaft teuren Geschenk umgarnt - einem Paar Schuhe für fast 1200 Dollar. Das zahlt sich wenige Jahre später aus, als Eshel Premierminister geworden ist und sich an seinen spendablen Freund in New York erinnert. Norman steht plötzlich im Rampenlicht und spinnt weitere Geschäfte.

„Norman“ ist der erste englischsprachige Film des israelischen Regisseurs Joseph Cedar, der 2007 auf der Berlinale für seinen eindringlichen Anti-Kriegsfilm „Beaufort“ zum besten Regisseur gekürt wurde. Lior Ashkenazi glänzt in „Norman“ in der Rolle des bestechlichen Politikers Eshel. Cedar holt aus seinem internationalen Star-Ensemble ein starke Leistung heraus. Charlotte Gainsbourg ist eine Anwältin, die korrupte Machenschaften untersucht. Steve Buscemi überzeugt als Rabbi, der verzweifelt auf Normans Hilfe setzt. Und Oppenheimers Neffe (Michael Sheen) klammert sich an die Hoffnung, dass seinem Onkel das große Geschäft gelingt. Diese skurrilen Charaktere mit all ihren Neurosen und kleinen Fehlern könnte sich auch Woody Allen ausgedacht haben. Neben Witz setzt Cedar aber auch auf Mitgefühl: Normans Einsamkeit und sein verzweifeltes Geltungsbedürfnis gehen unter die Haut. Das ist Cedars Regie und Drehbuch aber vor allem Geres Schauspielkunst zuzuschreiben. Er könnte mit dieser uneitlen Rolle sogar seine erste Oscar-Nominierung holen.

Der New Yorker Norman Oppenheimer hofft auf den großen Coup. Er will wichtige Geschäftsleute verkuppeln, doch am Ende platzt sein Traum. Richard Gere zeigt sich als tragische Figur mit Geltungssucht in Hochform.