Quelle: Unbekannt

Von Gaby Weiß

Esslingen - „Die Arbeit beim Film war für mich nie ein Vergnügen“, hat Marlene Dietrich einst bekannt. Und dennoch war sie unter all den Hollywood-Stars ihrer Zeit einer der schillerndsten und erfolgreichsten. Zeitlebens hat sie an ihren schauspielerischen Fähigkeiten gezweifelt - und sie musste sich ihrer Wirkung auf Männer immer und immer wieder versichern. Jahre sind seit ihrem Tod vergangen, und der Mythos ist so lebendig wie eh und je. Doch ihre Lebensgeschichte liest sich nicht wie ein offenes Buch. Wer verstehen möchte, wie sie wurde, was sie war, der muss tiefer eintauchen in das Seelenleben dieser außergewöhnlichen Frau. Die Kulturhistorikerin Eva Gesine Baur hat Marlene Dietrichs Leben, Wirken und Sein so intensiv studiert wie nur wenige. Mit ihrem Buch „Einsame Klasse“ (Verlag C. H. Beck, 19.99 Euro) hat sie eine Biografie vorgelegt, die zum Besten gehört, was über „die Dietrich“ je geschrieben wurde. Der Titel ist wörtlich zu nehmen, denn die Einsamkeit zog sich wie ein roter Faden durch das Leben dieser Ausnahmekünstlerin.

Wer an „die Dietrich“ denkt, der denkt an Filme wie „Der blaue Engel“ oder „Zeugin der Anklage“. Schon lange vor der Machtübernahme der Nazis in Deutschland war sie in die USA ausgewandert, mit Kriegsbeginn nahm sie die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Obwohl die Nazis um sie buhlten, weigerte sich Marlene Dietrich, Filmrollen in Deutschland anzunehmen. Konsequent ging sie stets ihren Weg - notfalls gegen alle Widerstände. Eva Gesine Baur zeigt in ihrem vorzüglichen Buch, dass die Diva widersprüchlicher, moderner und kompromissloser als jeder andere Hollywoodstar war. Sie galt als Inbegriff lasziver Weiblichkeit und kühler Verführung, soll ihre Liebhaber im Dutzend gezählt haben, und dennoch zeigt Baur einen Menschen, der sein Leben lang zutiefst verunsichert und von Selbstzweifeln geplagt war. Und den die bleierne Einsamkeit vor allem in späten Jahren plagte. Denn da zog sich Marlene Dietrich mehr und mehr aus der Öffentlichkeit zurück, weil sie das perfekte Bild, das stets von ihr gezeichnet worden war, nicht trüben wollte. Trotzdem wäre sie die Letzte gewesen, die sich Mitleid gewünscht hätte. „Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte, würde ich die gleichen Fehler machen“, hat sie im Alter bekannt. „Aber ein bisschen früher, damit ich mehr davon habe.“