Herzlicher Empfang in Stuttgart: VfB-Neuzugang Simon Terodde genießt das Bad in der Menge. Foto: Rudel Quelle: Unbekannt

Von Sigor Paesler

Stuttgart - Die Erleichterung über den freundlichen Empfang durch 4000 erwartungsfrohe Fans beim Showtraining am Mittwochabend war bei den Profis des VfB Stuttgart groß. Seit gestern schuften die Spieler des Bundesliga-Absteigers unter weniger großer Anteilnahme, aber umso ernsthafter für das große Ziel Wiederaufstieg. Drei Kategorien von Fußballern schwitzen auf dem Trainingsplatz: diejenigen, die hoffen, bis zum Saisonbeginn Anfang August noch den Absprung zu einem Erstligisten geschafft zu haben, wie etwas Lukas Rupp. Diejenigen, die den Abstieg mitverbockt haben und nun mithelfen wollen, den Schaden zu reparieren, wie Kapitän Christian Gentner. Und diejenigen, die als Neuzugänge oder Aufrücker aus dem Nachwuchs ganz unbefangen beim VfB eine neue Chance suchen, wie der bisherige Bochumer Simon Terodde.

Die beiden Letztgenannten werden in den kommenden Wochen und Monaten besonders im Fokus stehen. VfB-Urgestein Gentner und Sturm-Hoffnung Terodde haben ein gemeinsames Ziel, ihr Blickwinkel ist jedoch unterschiedlich. „Ich habe versucht, Abstand zu gewinnen. Ich war in den vergangenen Wochen wenig in Stuttgart“ erklärt Gentner, wie er versucht hat, den Abstieg zu verarbeiten. Abgeschlossen ist der Prozess freilich noch nicht. „Die vergangene Saison wird noch eine Weile im Hinterkopf bleiben“, sagt der Mittelfeldspieler und hofft auf die heilende Wirkung der Spiele: „Es ist wichtig, dass wir mal einen guten Saisonstart haben.“ Im Gegensatz zur vergangenen Runde. „Das, was schiefgegangen ist, werden wir versuchen wieder zu reparieren.“

Dabei will Terodde helfen. Während Gentner - noch bevor der Abstieg feststand - ein Treuebekenntnis in Form einer vorzeitigen Vertragsverlängerung bis 2019 ablegte, hätte auch der 28-jährige Hüne durchaus in der Bundesliga spielen können. Doch der Torschützenkönig der vergangen Zweitliga-Saison (25 Treffer) entschied sich für Stuttgart. „Es gab in der Tat eine Menge Angebote, ich habe mir die auch angeschaut“, sagt der in Bocholt geborene Ex-Bochumer, für den der VfB 2,5 Millionen Euro an den VfL überwies. „Das Wichtigste ist aber das Gespräch mit dem Trainer.“ Und da hat ihn der neue VfB-Coach Jos Luhukay offensichtlich überzeugt. Manchmal sei ein Schritt zurück für einen Spieler nützlich, „um dann zwei nach vorne zu machen“, lautet Luhukays Credo. Terodde bestätigt das so: „Ich will in einem Verein eine wichtige Rolle spielen, das ist hier gegeben.“ Bei einem Bundesligisten hätte er möglicherweise viel Zeit auf der Bank verbracht, so wie er es in der Saison 2010/2011 beim 1. FC Köln erlebt hat. In Stuttgart ist er als Sturmspitze gesetzt - zumindest bis Daniel Ginczek seinen Kreuzbandriss auskuriert hat.

Teroddes Vorteil ist, dass er sich in der 2. Bundesliga bestens auskennt. Insgesamt 153 Zweitliga-Partien und 41 Tore in den vergangenen beiden Spielzeiten sind ein Pfund. „Wir werden sicherlich in jedem Spiel der Favorit sein, aber dafür haben wir einen erfahrenen Trainer“, sagt Terodde über Luhukay, der schon drei Mal den Sprung in die Bundesliga geschafft hat.

Gentner versucht, sich nach 320 Bundesligaspielen ebenfalls auf das Unterhaus einzustellen. „Dass wir eine ganz andere Rolle spielen werden als in der vergangenen Saison, ist ganz klar“, sagt er und warnt: „Es ist gefährlich, wir dürfen das nicht unterschätzen.“ Der Kapitän weiß aber auch, dass im Moment neben Trainern und Spielern den Kaderplanern eine wichtige Rolle zukommt: „Mentalität ist das eine, aber für den Wiederaufstieg braucht man auch Qualität.“ Davon ist einiges vorhanden, aber noch nicht genug.

Am Montag werden drei weitere Spieler auf dem Stuttgarter Trainingsplatz erwartet. Przemyslaw Tyton, Filip Kostic und Toni Sunjic gehören allerdings alle in die Kategorie der Abwanderungswilligen. Sie werden also am Ende der Saison ziemlich sicher nicht dabei sein, wenn klar ist, ob die Erwartungen rund um den Wasen erfüllt wurden.

Neuzugang Terodde geht die Sache jedenfalls unbefangen und zuversichtlich an: „Ich bin mir sicher, dass wir im Mai alle feiern können.“

Kramny verlässt den VfB - Gunkel übernimmt Regionalliga-Team

Die Nachricht überrascht nicht: Trainer Jürgen Kramny wird in der kommenden Saison keine Funktion beim VfB übernehmen. Der 44-Jährige, der seit 2010 beim VfB war, stieg im vergangenen November nach der Trennung von Alexander Zorniger vom Coach der zweiten VfB-Mannschaft zum Trainer des Bundesliga-Teams auf und erhielt nach anfänglichen Erfolgen einen Vertrag bis zum Sommer 2017. Dieser galt jedoch nur für die Bundesliga. Nach dem Abstieg war zunächst angedacht, dass Kramny zum Stuttgarter U-23-Team zurückkehren könnte - was jedoch schwer vorstellbar schien. „Der VfB ist ein besonderer Verein, dem ich viel zu verdanken habe und der mich geprägt hat. Gemeinsam haben wir jetzt entschieden, dass es für beide Seiten sinnvoll ist, dass ich in der kommenden Saison keine Funktion beim VfB übernehme“, erklärte Kramny auf der VfB-Internetseite.

Den VfB II, der von der 3. Liga in die Regionalliga abstieg, übernimmt der bisherige Stuttgarter U-19-Coach Sebastian Gunkel, Co-Trainer bleibt Ex-Profi Andreas Hinkel.