Bei den Verantwortlichen des VfB herrscht eine große Erleichterung über die Treue der Fans. Foto: Archivbild dpa - Archivbild dpa

Von Sigor Paesler

Grassau – Es sind die da, die immer da sind. Sie stehen oder sitzen am Spielfeldrand, ein Getränk in der Nähe, und beobachten, was die jungen Männer in den roten Leibchen auf dem Rasen so treiben. Um die hundert Fans des VfB Stuttgart richten ihren Jahresurlaub stets danach, wo die Mannschaft ihr Trainingslager abhält. Da kommt man rum. Ötztal, Zillertal, Südschwarzwald. Diesmal Grassau am Chiemsee. Das Erstaunliche: Der Abstieg der VfB-Kicker in die 2. Bundesliga hat die Urlaubspläne dieser treuesten aller treuen Fans nicht umgeworfen. Und auch das Fanfest am Mittwochabend, zu dem die komplette Mannschaft erschien, war harmonisch und – zumindest von Fanseite – feuchtfröhlich wie immer. Die Gräben, die in den letzten Wochen der Abstiegssaison zwischen Mannschaft und Anhänger aufgerissen worden waren, sind wieder weitgehend zugeschüttet. Euphorie und die Fan-Liebe sind ungebrochen.

Bei den Verantwortlichen des VfB herrscht eine große Erleichterung über diese Treue. „Das ist nicht selbstverständlich“, sagt der neue Trainer Jos Luhukay etwa über die bisher schon 24500 verkauften Dauerkarten. Das ist fast auf Vorjahresniveau zu diesem Zeitpunkt, obwohl damals die Saison später begann. Die am Ende 27000 sind im Bereich des Möglichen. Immerhin um etwa 25 Prozent sind die Tickets gegenüber der Bundesliga günstiger geworden. „Der VfB ist nach 40 Jahren aus der Bundesliga abgestiegen. Man konnte nicht sicher sein, wie Fans und Region reagieren“, sagt Tobias Herwerth, Bereichsleiter Medien und Pressesprecher des VfB. „Wir sind nicht nur überrascht über das Wohlwollen und den Rückhalt vonseiten unserer Fans und Partner, sondern auch dankbar.“

Keine einzige Firma aus der Sponsorenpyramide ist abgesprungen, was die Zahl der Mitglieder betrifft, bewegt sich der Club auf das Allzeithoch von 47000 zu. Für das erste Saisonspiel am 8. August (20.15 Uhr) gegen den FC St.Pauli wurden schon 45000 Karten verkauft.

Dann wird auch Joachim Schmid in der Mercedes-Benz-Arena sein. So wie er sich natürlich auch auf dem Sportgelände des ASV Grassau einen Eindruck vom Stand der Vorbereitung macht. Schmid ist der Vorsitzende des größten VfB-Fanclubs „Rot-Weiße Schwaben Berkheim“. Auch die Berkheimer halten zu ihrem VfB, obwohl die Enttäuschung laut Schmid noch nicht ganz verarbeitet ist. „Man muss sich mit der 2. Bundesliga anfreunden und das Beste draus machen“, sieht er es pragmatisch. Obwohl die Organisation der Auswärtsfahrten durch die unterschiedlichen Anstoßzeiten eine große Herausforderung darstellt, rechnet er damit, dass die Mitglieder seines Vereins die Mannschaft weiter in großer Zahl anfeuern werden: „Es ist komisch: Alle freuen sich auf das Auftaktmatch am Montagabend, vor ein paar Monaten haben wir noch gegen Montagabend-Spiele demonstriert.“ Auch bei den Rot-Weißen Schwaben ist die Zahl der Mitglieder seit Anfang Mai gestiegen, auf jetzt etwa 1100. Die Zahl der Dauerkarten ist von 588 auf 581 nur sehr leicht gesunken.

Schmid ist nach eigener Aussage „als Fan natürlich optimistisch, dass es mit dem Wiederaufstieg klappt“. Aber ein paar Zweifel beschleichen ihn schon, wenn er die vielen jungen Spieler auf dem Trainingsplatz sieht. „Das wird kein Selbstläufer“, warnt er: „Der einzige Königstransfer ist bislang Simon Terodde, da muss noch was kommen.“ Zufrieden ist er dagegen mit der Verpflichtung von Luhukay: „In ihn haben die Fans großes Zutrauen. Ich bin froh, dass wir wieder einen erfahrenen Trainer haben, denn die Berufsanfänger haben bei uns zuletzt nicht eingeschlagen.“

Fans und Sponsoren sind nach dem Nackenschlag der vergangenen Saison in Vorleistung getreten. Jetzt müssen Luhukay und die Mannschaft liefern. Am besten gleich mit einem Start-Sieg gegen St. Pauli. „Der VfB-Fan murrt immer sehr schnell“, warnt Fan-Chef Schmid und hofft endlich mal auf einen guten Saisonstart. „Vor einem Jahr war die Euphorie in der Vorbereitung auch riesig. Und dann...“ Egal, wie die Geschichte ausgeht: Einige VfB-Fans werden auch im Juli 2017 ihren Jahresurlaub nach dem VfB richten.