Unter den Schutzsuchenden sind auch Kriminelle. Wie viele, das zeigen neue Zahlen. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Tatjana Bojic

Stuttgart - Die Zahl der Straftaten von Asylbewerbern und Flüchtlingen ist im Jahr 2016 deutlich gestiegen. Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) erfasste insgesamt 64 329 Fälle, das entspricht einem Plus von fast einem Fünftel. In dieser Zahl sind auch ausländerrechtliche Verstöße wie illegaler Aufenthalt enthalten. Zieht man diese Vergehen ab, wird der Anstieg noch deutlicher: 42 443 Straftaten (plus 37,5 Prozent), begangen von 25 379 Tatverdächtigen.

„Flüchtlinge sind im vergangenen Jahr im Kriminalitätsgeschehen angekommen“, sagte Landeskriminalamts-Präsident Ralf Michelfelder. Die PKS wird am 16. März durch Innenminister Thomas Strobl (CDU) vorgestellt. Derzeit sind etwa 90 000 Flüchtlinge in einer vorläufigen Unterbringung in den Stadt- und Landkreisen.

Am häufigsten Syrer

Zur Zahl derer, die bereits in einer Anschlussunterbringung sind, liegt dem Innenministerium keine Erhebung vor. Schätzungen gehen von rund 1,5 Prozent des Bevölkerungsanteils bei 10,9 Millionen Einwohnern in Baden-Württemberg aus. Insgesamt sind in der PKS etwa 251 000 Tatverdächtige für das vergangene Jahr erfasst. Davon wurden 107 417 nicht-deutsche Tatverdächtige ermittelt. Darunter stammen die meisten wie in den Vorjahren aus der Türkei, Rumänien und Italien. Dabei sind 25 379 (2015: 18 695) Tatverdächtige Asylbewerber und Flüchtlinge. Herausgenommen sind hier die ausländerrechtlichen Verstöße. Die meisten der Tatverdächtigen (22 055) sind Männer. In der Gruppe der tatverdächtigen Asylbewerber und Flüchtlinge waren mit 4053 am häufigsten Syrer vertreten (Vorjahr: 1253), an zweiter Stelle mit 2346 Gambier (2015: 1592), an dritter Stelle mit 1934 Afghanen (2015: 638). Zurückgegangen sind die Zahlen bei den Kosovaren von 1531 auf 1094 und Serben von 1488 auf 1224. In diese Länder wurde im vergangenen Jahr verstärkt abgeschoben.

Wenn Asylbewerber straffällig werden, sind das nach Auskunft von Michelfelder - ohne ausländerrechtliche Verstöße - am häufigsten Diebstähle, Vermögens- und Fälschungsdelikte. Dazu zählen im Gros Ladendiebstähle und das Erschleichen von Leistungen wie Schwarzfahren. „Größere Sorgen bereiten uns aber die Körperverletzungsdelikte, also die Gewaltanwendung durch Asylbewerber“, sagte Michelfelder. Die Zahl der Körperverletzungsdelikte, an denen mindestens ein Flüchtling beteiligt war, stieg um 95,5 Prozent auf 7670 Fälle. Etwa 60 Prozent dieser Delikte geschahen in Unterkünften, aber auch rund 40 Prozent in der Öffentlichkeit. Des Weiteren sind Asylbewerber bei Rauschgiftdelikten und einfachen Diebstählen auffällig stark vertreten. Michelfelder: „Es gibt inzwischen nahezu kein Kriminalitätsfeld mehr, in dem wir nicht auch Flüchtlinge als Tatverdächtige ermitteln.“

Nicht nur Täter, sondern auch Opfer

9.6 Rotation

„Asylbewerber sind nicht nur Täter, sondern auch überdurchschnittlich oft Opfer von Straftaten“, betonte Michelfelder. Denn die meisten Körperverletzungen (gut 60 Prozent) fanden in Flüchtlingsunterkünften statt. „Es gibt immer wieder Streitigkeiten. Häufig sitzen die Menschen dicht aufeinander, werden aggressiv oder ethnische Gruppen verstehen sich nicht“, sagte Michelfelder. Er führte den Anstieg der Kriminalität begangen durch Migranten auch darauf zurück, dass diese Menschen aus Kriegsgebieten kommen und möglicherweise ein anderes Verhältnis zu Gewalt haben.

Infolge des Anstiegs der Kriminalität durch Asylbewerber werden bei den regionalen Polizeipräsidien täterbezogene Erkenntnisse gezielt ausgewertet. „Sofern Hinweise auf Mehrfach- oder Intensivtäterschaft vor allem mit Blick auf die Zuwanderung vorliegen, werden durch die Dienststellen gezielte Maßnahmen der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung eingeleitet“, betonte Michelfelder. Dies umfasse auch die Prüfung beziehungsweise die Vorbereitung von ausländerrechtlichen Maßnahmen durch die zuständigen Ausländerbehörden.