Viele fleißige Helfer tragen dazu bei, dass täglich frisches Obst und Gemüse im Tafelladen verkauft werden können. Foto: Schwäbische Tafel Quelle: Unbekannt

Von Elke Hauptmann

Stuttgart - Der Tafelladen in der Stuttgarter Innenstadt ist eine wichtige Anlaufstelle für all jene, die mit wenig Geld über die Runden kommen müssen - und unverzichtbar für die Schwäbische Tafel, sagt Edgar Heimerdinger, der Vorstandsvorsitzende des Vereins. Doch das Gebäude in der Hauptstätter Straße 75 soll abgerissen werden. Ein neues Domizil muss dringend her - die Suche nach einem Ersatz gestaltet sich aber schwierig.

Eine volle Einkaufstausche für ein paar Euro - „das hilft mir sehr“, sagt ein Mittsiebziger und packt Orangen, Gurken, Paprika, Joghurt, Kaffee und Brot in seinen Trolli. Seine kleine Rente reiche gerade so, um Miete, Fixkosten und Medikamente zu bezahlen, erzählt er. „Natürlich würde ich nicht verhungern.“ Aber gerade frisches Obst und Gemüse oder das so sehr geliebte süße Stückle, das könne er sich sonst kaum leisten. Denn im Supermarkt müsste er das Doppelte oder Dreifache dafür zahlen. „Es ist ein großes Glück, dass es den Tafelladen gibt“, sagt er dankbar.

Wie ihm ergeht es vielen Stuttgartern. Täglich kommen zwischen 600 und 800 Menschen - Arbeitslose, Geringverdiener, Alleinerziehende und Senioren mit niedrigen Renten - in den „Leonhardsladen“. Viele kommen regelmäßig vorbei, um zu schauen, was es gerade im Angebot gibt - das Sortiment variiert je nach Spendenaufkommen. Schon lange, bevor der Laden um 10 Uhr öffnet, warten sie in einer Schlange vor der Eingangstür.

Doch der Laden muss raus. Die Stadt, die das im Leonhardsviertel gelegene Gebäude zum Großteil bereits erworben hat, verfolgt andere Pläne mit der Immobilie: Sie will das Haus mit dem Nachbargebäude Nummer 79, in dem das Schulverwaltungsamt und das Rechnungsprüfungsamt untergebracht sind, zusammenführen. Ein Neubau soll her an dieser Stelle. Je früher, um so besser.

Nein, räumt Heimerdinger ein, einen konkreten Umzugstermin gebe es bislang nicht. Noch gehört das Ladengeschäft im Erdgeschoss der Caritas-Gemeinschaftsstiftung. Dort heißt es, man werde erst an die Stadt verkaufen, wenn man eine Lösung für den Tafelladen gefunden habe. Auch im Rathaus ist man sich der Brisanz bewusst und hat zugesichert, mit dem Abriss so lange zu warten, bis der Fortbestand des „Leonhardsladens“ gesichert ist. Davon mache man die weitere Planung abhängig.

Derweil läuft die Suche nach einem neuen Domizil auf Hochtouren. Zwei Objekte habe man bereits besichtigt, berichtet Heimerdinger. Beide seien allerdings nicht infrage gekommen. Ganz so einfach sei es eben nicht, etwas zu finden, das den Anforderungen entspricht. „Wir benötigen mindestens 500 Quadratmeter Verkaufsfläche plus Lagermöglichkeiten. Der Laden sollte im Stuttgarter Innenstadtbereich liegen, also in Mitte, Süd, West oder Ost.“ Es müsste keine 1-A-Lage sein, sagt Heimerdinger, eine Lagerhalle etwas abseits würde auch reichen. „Wir brauchen ja keine Schaufensterflächen.“ Wichtig aber sei, dass der neue Tafelladen gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sei, zudem über eine Zufahrtsmöglichkeit für Lastwagen verfüge, denn es kommen den ganzen Tag über Lieferungen an - ausgemusterte Waren von Supermarktketten oder Lebensmittelspenden von Bäckern aus Stuttgart und der Region.

Bis zu 2500 Euro Miete könne die Schwäbische Tafel für den neuen Laden aufbringen. Was nicht gerade üppig sei. „Wir bekommen die angespannte Situation auf dem Immobilienmarkt zu spüren“, sagt der Vereinsvorstand. Die Konkurrenz sei auch bei Gewerbeflächen groß. Das treibe die Preise. Heimerdinger sagt klar: Noch könne die Schwäbische Tafel die Kosten für Miete, Mitarbeiter und Logistik allein aus Umsatz und Spenden generieren. „Doch wenn die Stadt will, dass der Tafelladen bestehen bleibt, sollte man vielleicht über eine Unterstützung nachdenken.“

Dass dringend ein Ersatz für den „Leonhardsladen“ gefunden werden muss, steht für Heimerdinger außer Frage. Er sei der Größte von insgesamt vier Tafelläden, die von dem 1995 gegründeten Verein in Stuttgart und Fellbach betrieben werden. Und man gehe davon aus, dass der Andrang eher noch größer werde. Allein in Stuttgart leben rund 66 000 Menschen in Einkommensarmut oder sind unmittelbar von ihr bedroht. Für viele wird es auch beim Essen knapp. In den Läden der Schwäbischen Tafel Stuttgart kaufen täglich rund 2000 bedürftige Menschen für sich und ihre Familien ein. Von Montag bis Freitag starten jeden Morgen ab 6 Uhr insgesamt 21 Fahrzeuge und sammeln rund 40 Tonnen Lebensmittel und Waren pro Tag ein. Insgesamt 400 Mitarbeiter und Ehrenamtliche sind für die Tafel im Einsatz.