Von Sebastian Steegmüller

Stuttgart - Glück im Unglück hatten gestern rund 150 Fahrgäste, darunter 70 Schüler, in einer S-Bahn der Linie 4. Gerade als sie gegen 12.30 Uhr mit dem Zug in die Haltestelle Feuerbach einfuhren, riss ein Kran von der benachbarten Stuttgart-21-Baustelle mit seinem Haken die Oberleitung ab. Obwohl das Kabel auf das Dach der S-Bahn knallte, wurde niemand verletzt.

Mit ein Grund dafür, dass der Vorfall so glimpflich verlief, war wohl die Geistesgegenwart des Zugführers. Er hatte die Situation offenbar richtig erkannt und bewusst die Türen der S-Bahn, welche gerade von der Schwabstraße nach Marbach unterwegs war, geschlossen gehalten. „Die Fahrgäste waren wie in einem faradayschen Käfig geschützt“, sagte ein Bahnsprecher am Abend. „Solange sie nicht aussteigen, passiert nichts.“

Rund 20 Minuten mussten sie in dem Zug ausharren, ehe der Strom abgeschaltet war und der sogenannte Notfallmanager die Waggons geerdet hatte. Anschließend konnten die Fahrgäste sicher an Gleis 2 des Bahnhofes evakuiert werden. Gleichzeitig wurde vom drei Kilometer entfernten Zuffenhausen ein Turmtriebwagen - dort ist das Reparaturfahrzeug zufällig stationiert - nach Feuerbach geschickt, um die heruntergerissene Leitung durch ein neues Kabel zu ersetzen. „Keine komplizierte Aufgabe für unsere Techniker. Die Arbeiten waren gegen 17 Uhr abgeschlossen“, so der Bahnsprecher, der betont, dass die Leitungen eigentlich sehr strapazierfähig seien. „Als einer der beiden S-21-Baukräne aber mit seiner Last daran hängen geblieben ist, war der Druck offenbar doch zu groß.“ Der Schaden an der Oberleitung geht in den vierstelligen Bereich. Die S-Bahn, die von der Oberleitung getroffen worden ist, wurde zur Sicherheit nach Kornwestheim geschleppt. Dort wird sie von Experten auf Beschädigungen untersucht. „Zur Sicherheit. Vielleicht hat der Transformator etwas abgekriegt.“

Natürlich hatte der Ausfall des Zuges auch Auswirkungen auf den öffentlichen Personennahverkehr. Mehr als vier Stunden konnten die Linien S 4 und S 5 stadtauswärts nicht an den Haltestellen Nord und Feuerbach anhalten. Fahrgäste, die diese Fahrziele hatten, wurden gebeten, mit der S-Bahn bis nach Zuffenhausen zu fahren und wieder in Richtung Innenstadt umzudrehen oder gleich auf die Stadtbahnen U 6 oder U 15 auszuweichen.

In den Abendstunden, als die Störung längst behoben war, waren die S-Bahnen sämtlicher Linien noch immer nicht nach Fahrplan unterwegs. „Die Zwischentakte konnten wir leider nicht mehr bedienen“, sagte der Bahnsprecher. Sprich, Züge waren nicht im Viertelstundentakt unterwegs, sondern fuhren alle 30 Minuten. Viele „geübte“ Fahrgäste, die keine Lust auf lange Wartezeiten hatten, wichen in den Abendstunden auf die Regionalbahnen aus.