Zahlreiche Volksfest-Besucher müssen von Polizei und Feuerwehr aus der S-Bahn evakuiert werden. Foto: www.7aktuell.de/Simon Adomat Quelle: Unbekannt

Von Sebastian Steegmüller

Stuttgart - Ein junger Mann ist in der Nacht auf Sonntag in Bad Cannstatt von einer S-Bahn erfasst und getötet worden. Warum er gegen 0.50 Uhr auf den Gleisen unterwegs war, ist bislang noch unklar, ebenso seine Identität. Durch den Unfall kam es fast zwei Stunden lang zu erheblichen Behinderungen im öffentlichen Nahverkehr. Wasenbesucher konnten ihren Heimweg nicht antreten oder mussten auf Taxis ausweichen.

Gerüchte, dass der junge Mann sich nach einem Besuch des Cannstatter Volksfests auf die Gleise verirrt hat oder auf dem Heimweg vom Wasen eine Abkürzung nehmen wollte, konnte die Polizei gestern weder bestätigen noch dementieren. „Wir wissen nicht, wieso er auf den Gleisen unterwegs war“, sagte ein Polizeisprecher. Typische Wasen-Tracht, wie beispielsweise eine Lederhose, habe er nicht angehabt. „Er war sportlich angezogen.“ Unklar ist auch, ob der junge Mann betrunken war oder nicht. Sein Name, sein Alter, seine Adresse sind ebenso unbekannt. Das Problem bei den Ermittlungen: Der Verstorbene trug keine Ausweispapiere bei sich. Eine Vermisstenmeldung sei bei den Beamten bislang ebenfalls noch nicht eingegangen.

Der tragische Vorfall hatte massive Auswirkungen auf den Bahnverkehr. Die am Unfall beteiligte S-Bahn der Linie 1 konnte ihre Fahrt in Richtung Herrenberg nicht fortsetzen. Hunderte Fahrgäste mussten kurz vor der Haltestelle Neckarpark auf offener Strecke über eine kleine Böschung in die Alte Untertürkheimer Straße evakuiert werden. Dazu rückten Polizei und Feuerwehr mit Behelfstreppen und etlichen Scheinwerfern an. Die Evakuierung erfolgte ohne Zwischenfälle. Durch die Streckensperrung kam der öffentliche Nahverkehr zwischenzeitlich in weiten Teilen zum Erliegen. S-Bahnen fielen ganz aus, Regionalzüge, die in diese Richtung unterwegs waren, wurden gestoppt und zum Hauptbahnhof zurückbeordert.

Die letzten Stadtbahnen waren zu diesem Zeitpunkt bereits weg. Die Fahrgäste, vor allem rund um den Wasen, sammelten sich an den Haltestellen. Wer nicht auf einen Nachtbus ausweichen konnte, musste sich ein Taxi suchen oder warten. Erst gegen 2.30 Uhr konnte die Strecke wieder freigeben werden. Bis alle S-Bahnen wieder im Takt fuhren, verging nochmals einige Zeit.

Obwohl die Polizei und auch die Bahn eindringlich vor den Gefahren warnen, begeben sich immer wieder Menschen in den Gleisbereich. Erst vor rund einem Monat haben gleich zwei Männer ihren Leichtsinn mit dem Leben bezahlt. Eines der beiden Opfer, ein 38 Jahre alter Mann, war in der Nacht auf Sonntag, 4. September, in Untertürkheim auf einen Güterzug geklettert, der in Richtung Kornwestheim fuhr. In Zazenhausen wurde der „Surfer“ von einem entgegenkommenden Zug erfasst. Nur eine Nacht später war schon wieder ein Mann auf den Gleisen unterwegs. Ein 26-Jähriger wurde damals von einer S-Bahn erfasst. Warum er sich zwischen der Augsburger Straße und dem Bahnhof Bad Cannstatt auf den Schienen befand, ist noch immer unklar. Von einem Selbstmord gehen die Ermittler jedoch nicht aus.

Sowohl das jüngste Unglück als auch jenes vom 5. September erinnern an einen Unfall im Jahr 2011, bei dem ein 24-jähriger Student, der nicht aus Stuttgart stammte, in der Nähe der Haltestelle Ebitzweg in Bad Cannstatt von einer S-Bahn getötet wurde. Er hatte nach einem Volksfestbesuch auf dem Heimweg gegen 23 Uhr völlig die Orientierung verloren, geriet in den Gleisbereich und wurde von dem Zug überrollt. Laut Polizei war er jedoch nicht betrunken. Er hatte die Bahn, die von hinten ankam, nicht gehört, da die Schallwellen sich nach hinten ausbreiten.