Teatime mit der Queen: Der Engländer Peter Sondheim lebt seit vielen Jahren in Stuttgart und betreibt den Piccadilly English Shop in der Schellingstraße. Foto: Eisenmann Quelle: Unbekannt

Von Andrea Eisenmann

Stuttgart -Zumindest Prinz William ist das Lächeln nicht vergangen. Und das, obwohl der Schicksalstag immer näher rückt. Noch einen Tag, dann wird über den Verbleib Großbritanniens in der EU abgestimmt. Stolz hält der künftige Thronfolger die hübsche junge Frau in dem blauen Kleid umfasst, die sich verliebt an ihn schmiegt. Zu seiner Verteidigung muss man allerdings sagen, dass der lebensgroße Aufsteller nicht mehr ganz aktuell ist: Zu sehen sind William und Kate bei der Bekanntgabe ihrer Verlobung im Jahr 2010 - für den Piccadilly English Shop in der Stuttgarter Innenstadt gibt es dennoch kaum repräsentativere „Türsteher“, jeder Kunde muss an ihnen vorbei.

Innen bietet der kleine Laden für Briten und Fans der britischen Lebenskultur manches Produkt, mit dem sich die Sehnsucht nach dem Vereinigten Königreich stillen lässt. Tee natürlich, der Verkaufsschlager schlechthin, aber auch Süßigkeiten in Hülle und Fülle, Whisky, die aktuell beliebtesten Bücher in England, Doppeldeckerbusse, die sich als Spardosen verwenden lassen, oder kleine Figuren der Queen. Es ist ein Stück Großbritannien - und das mitten in Stuttgart. In letzter Zeit jedoch interessiert sich ein Teil der Kundschaft nicht mehr nur ausschließlich für die Spezialitäten von der Insel, sondern auch für das anstehende Referendum und einen möglichen Brexit. Und damit sind sie nicht allein. Auch Inhaber Peter Sondheim treibt das Thema um. „Natürlich denken wir viel darüber nach und reden darüber. Aber die Wahrheit ist, dass wir überhaupt nicht wissen, was nach einem Brexit auf uns zukommen wird“, sagt der 54-Jährige.

2002 hat der gebürtige Londoner das Geschäft übernommen, das angebotene Sortiment bezieht er von mehr als 30 Lieferanten, die vorwiegend aus Großbritannien stammen. Mehrere tausend Produkte werden hier angeboten, lautet seine grobe Schätzung. Seit Mitte 2011 betreibt er zudem im Stuttgarter Westen den Laden „Bestwhisky“. „Die Ungewissheit ist für uns derzeit das größte Problem“, beschreibt er seine aktuelle Gefühlslage. Und doch ahnt er bereits die Richtung, in die es gehen könnte, sollte sich das „Leave“-Lager am Ende in der Abstimmung durchsetzen. Peter Sondheim arbeitete in den 1980er-Jahren in Deutschland für Firmen, die importierten. Damals wurden noch Zölle auf Waren erhoben und es galt, riesige Papierberge zu bewältigen. 1992 kamen mit der Europäischen Union die offenen Grenzen für den Handel - „alles war von nun an viel leichter“.

Es ist aber nicht nur die eigene berufliche Existenz, die ihn mit Bangen der Volksabstimmung in seinem Heimatland entgegen blicken lässt. „Egal, welche Seite gewinnt, es wird ein knappes Votum werden. So viel steht fest.“ Wird es gelingen, das gespaltene Land anschließend wieder zu einen, ist eine Frage, die sich der Exil-Brite häufig stellt. Die Gräben sind tief. „Viele entscheiden aus dem Bauch heraus, Argumente zählen nicht, jeder hat seine eigene Sicht“, hat er in Gesprächen festgestellt. Auch die Frage der Unabhängigkeit Schottlands könnte nach einem Brexit erneut aufkommen.

Den Ausgang des Referendums will der 54-Jährige online verfolgen und setzt dafür auf die Berichterstattung englischer Fernsehsender. Unabhängig davon, welche Seite am Donnerstag gewinnt oder verliert, einen Wunsch hat Sondheim: „Ich hoffe, es kommt Bewegung in die EU, manche Dinge zum Positiven zu verändern.“