Ein Blick in die Küche der Konservenfabrik Schweikert um das Jahr 1930. Foto: Hangleiter (Sammlung) Quelle: Unbekannt

Von Iris Frey

Einen umfassenden und anschaulichen Überblick über das produzierende Gewerbe im Stuttgarter Osten gibt das neue Buch von Ulrich Gohl, das dieser Tage erschienen ist.

Der Aktive des Museumsvereins Muse-o und Historiker hat dieses Buch in Zusammenhang mit einer Ausstellung in der Alten Schule, dem Muse-o herausgegeben. Es zeigt 90 Firmenporträts und gibt mit seinen fast 300 Abbildungen auch visuell einen eindrucksvollen Überblick über das produzierende Gewerbe im Stuttgarter Osten.

Im vergangenen Jahr gab es die Jubiläumsschau im Muse-o „Made in S-Ost“ im ersten Teil. Nun ist in diesem Jahr der zweite Teil zu sehen. Aus beiden Präsentationen hat nun Gohl, ergänzt mit einigen neuesten Forschungen die Erkenntnisse zusammengefasst. Mit dem Buch gibt er einen beeindruckenden Überblick über die Firmen, die es im Stuttgarter Osten gab und gibt. In dem Stadtteil hat der Projektleiter und Autor herausgefunden, gab es vom Ende des 19. Jahrhunderts an eine stürmische Industrialisierung. Viele Firmen, auch von nationaler und internationaler Bedeutung gab es hier. „Aber auch heute vergessene Spezialisten produzierten hier Waren in schier unglaublicher Vielfalt“, so Gohl.

Das Titelbild seines Buchs zeigt einen Blick in die Küche der Konservenfabrik Schweikert in der Rotenbergstraße, das wohl aus den 1930er Jahren stammt und aus der Sammlung Hangleiter. Gohl hat es ausgesucht, weil es noch nie veröffentlicht wurde, deutlich eine Arbeitssituation darstellt, Männer und Frauen zeigt und eher nach Manufaktur als nach Großbetrieb aussieht und somit eher dem hiesigen „Durchschnitt“ entspricht“, wie er es beschreibt.

Die Fotos sind nicht nur ein gelungener Blickfang, geben Sie doch auch viel Einblick in die damaligen Arbeits- und Produktionsverhältnisse. Die Fülle der verschiedenen Firmen ist groß: Von der Korsettfabrik und der Süßwarenunternehmen gab es Maschinen- und Elektrizitätsfabriken ,Modellbau. Der bedeutendste Industriezweig war laut Ulrich Gohl über lange Zeit die Textilindustrie, vor allem in Berg. Auch Maßschneider prägten das Bild im 19. Jahrhundert. Die Metallverarbeitung sei wichtig gewesen sowie die städtischen Versorgungsbetriebe wie Gaswerk, Kraftwerk Gaisburg, Wasserwerk und Schlachthof samt Großbauwerke wie Gaskessel und Kohlekraftwerk. Auch kleinere Verlage gab es im frühen 20. Jahrhundert. Um 1910 gab es im Stadtbezirk mehr als 100 Betriebe der Bauindustrie und des Bauhandwerks. Auch andere Branchen wie Pharmazie, Schuhherstellung und Klavierbau oder Zigarettenindustrie waren vertreten.

In alphabetischer Reihenfolge sind die Firmen zu finden. Zeitgenössische Texte hat der Autor rot abgedruckt und Reportagen in dunkelbrauner Schrift. So ergibt sich ein übersichtliches Werk, in dem viel Mühe und Zeit steckt, alle Einzelheiten zusammenzustellen. Doch die Mühe hat sich gelohnt. Hält sie doch Historie fest, die angesichts der De-Industrialisierung des Bezirks umso bedeutender ist, wie Gohl die Entwicklung der letzten 50 Jahre beschreibt.

Ulrich Gohl: Made in S-Ost, Produzierende Betriebe im Stuttgarter Osten von den Anfängen bis heute, Verlag im Ziegelhaus, ISBN 978-3-925440-44-1, 22 Euro