Das Künstlerduo Seite an Seite: der Schauspieler Philipp Heitmann (links) und Stefano Vismara am Klavier im Kulturzentrum Münster. Foto: Wenzel Quelle: Unbekannt

(rw) - Eine ganz besondere Premiere erwartete am Samstagabend die Besucher des Bürgersaals im Kultur- und Sportzentrum Münster. Der internationale Künstlerbund novecento ensemble hatte eingeladen zu einem Konzert mit dem Titel „Der Lärm der Seele“. Der italienische Pianist Stefano Vismara und der deutsche Schauspieler Philipp Alfons Heitmann führten zum allerersten Mal das Stück des belgischen Autors Philippe Alkemade auf, das dieser anlässlich des 100. Todestages des russischen Komponisten Alexander Skrjabin 2015 verfasst hatte. Der Abend wurde eine synästhetische Erfahrung im Sinne des visionären Skrjabins, in dessen Musik Töne, Mythen und Farben zum beglückenden Erlebnis verschmelzen sollten.

Bei Alkemades „Lärm der Seele“ geht es um das Geheimnis der Blechbüchse mit der Aufschrift „Schwarze Weisheit“ in den Händen des Menschen, der neugierig in sie hinein lauscht und -sieht, denn diese Dose ist in Wirklichkeit die Büchse der Pandora, die alle Leiden enthält und sie in die Welt entlassen wird - bis auf die Hoffnung, die bleibt. So entwickelt Alkemade die Menschheitsgeschichte aus dem Gegensatz von Prometheus, des Wissenden und Warnenden, und seinem Bruder Epimetheus, des unbekümmert Liebenden, der mit Pandora Pyrrha zeugt, die Stammmutter des Menschengeschlechts.

Heitmann gelang es mit spielerischer Selbstverständlichkeit, diesen Gegensatz von intellektueller Vorsicht und Lebenslust herauszustellen. Dazwischen lauschte er aufmerksam dem betörenden Klavierspiel Vismaras, den Etuden und Préludes Skrjabins, die der virtuose Pianist zwischen die einzelnen Textpassagen einfügte. Aus diesen Klängen waren Alkemades Texte entstanden. Mit Einfühlungsvermögen und Leidenschaft ließ Vismara die acht Tonfarben der Skrjabin-Stücke aufklingen.

Begonnen aber hatte er mit dem harmonischen Prélude op.28 n.1 von Chopin, dem Weiß, in dem alle anderen Farben enthalten sind. Die Farbvorstellungen, die Skrjabin mit den einzelnen Tonarten verband, deutete der Interpret anschaulich mit dem Wechsel ins entsprechende T-Shirt an. So verstanden es die beiden Künstler, den gespannten Ernst der virtuosen Darbietung von Konzertstück und Drama aufzulockern und dem Drang der Seele nachzuspüren, die nach Wohllaut und Tiefsinn verlangt, um in der Welt bestehen zu können. Mit dem Motto „Leben oder Wissen“ auf den Lippen setzten sich schließlich die beiden nebeneinander ans Klavier, nachdem sie aus der inneren Spannung heraus abwechselnd ihre Illusionen geschaffen hatten für das Publikum, das sich gerne führen ließ, auch wenn es nicht immer wusste, wohin. Unsere moderne Pandoradose enthält ja auch eine „dunkelblaue Pille für das, was man weiß, ohne es zu wissen“ und eine lilane, „die ist süß und macht alle anderen schmackhafter“.

Wie sich „Der Lärm der Seele“ auf Französisch anhört, können Interessierte im Institut Francais in Stuttgart erfahren. Dort wird das novecento ensemble Alkemades Stück voraussichtlich im Oktober aufführen.