Sonja Graeff-Schimmelpfennig steht mit Hausleiter Michael Kaesmacher in dem farblich neu gestalteten Bereich im Haus St. Ulrich. Foto: Frey Quelle: Unbekannt

(if) - Es ist ihre Diplomarbeit, die sie im Rahmen ihres Farbdesignstudiums an der International Academy of Colour Consultance (IAAC) in Salzburg geschrieben hat. Die Cannstatter Farbdesignerin Sonja Graeff-Schimmelpfennig verwirklicht derzeit ein Farbgestaltungskonzept im Pflegeheim St. Ulrich, das insbesondere dementen Menschen hilft.

‚„Kein Verblassen“ lautet der Titel ihrer Arbeit, den sie in ein Buch gefasst hat. Wer mit ihr durchs Haus geht, erkennt schnell, um was es geht: Farbgestaltung für ein Seniorenheim mit besonderem Augenmerk auf demente Patienten. Graeff-Schimmelpfennig hat ein farbliches Leitsystem für alle sechs Etagen entwickelt. Falls Demente nicht mehr die Buchstaben und Zahlen erkennen können, finden sie ihr Stockwerk über die Farbe. „Es bleiben die gesättigten Primär- und Sekundärfarben“, sagt die Farbdesignerin mit Blick auf die Krankheit Demenz, bei der Zahlen und Buchstabenerkennen verloren gehen können. Farben gebe den Patienten einen Wiedererkennungseffekt. Das Grün erinnere an Gras, Blau an den Himmel, Türkis ans Meer und Orange an Orangen.

Zuvor sahen alle Etagen des Seniorenheims gleich aus mit weißen Wänden. Graeff-Schimmelpfennig hat nun für Individualisierung gesorgt. Der Hausleiter ist mit dem Ergebnis sehr zufrieden: „Ich bin voll auf begeistert und bekomme auch positive Rückmeldungen der Bewohner und Angehörigen“, sagt Michael Kaesmacher. Er kündigt an, dass das Projekt ausgedehnt wird. Der erste Stock ist schon komplett erneuert und seit Ende Dezember fertig. „Wir wollen in vier Jahren komplett fertig sein“, sagt Kaesmacher. Investiert habe das Haus bislang 15 000 Euro. Es sei deutlich mehr Wohnlichkeit auf den Bereichen eingekehrt. Und sie seien einfacher zu erkennen. Die Farbdesignerin ist auf die vorhandenen Elemente und Möbel eingegangen und hat Kombinationen etwa zum terrakottafarbenen Boden gefunden. Auch hat sie beachtet, dass bisweilen Türen farblich kaschiert werden müssen.

Im Haus St. Ulrich gibt es derzeit 139 Bewohner und 15 Plätze in der Tagespflege. Die Farbdesignerin hat sehr viele Gespräche mit Bewohnern, Mitarbeitern und der Pflegedienstleitung geführt. „Das Farbkonzept arbeitet gegen Ängste und Depressionen mit ruhigen Kompositionen“, so Graeff-Schimmelpfennig. Das erzeuge ein positives Umfeld für die Bewohner und arbeite fürs Wohlbefinden. Kurt Greschner von der Altenhilfe des Caritasverbandes habe sich sofort für das Thema interessiert und so konnte sie im April 2015 ihr Konzept in St. Ulrich präsentieren. Neben der Gestaltung der Flure mit Wandflächen und Türzargen hat sie die Aufenthaltsbereiche farblich gestaltet. Greschner ist von der Gesamtwirkung überzeugt: „Durch gute konzeptionelle Arbeit und Einbeziehen der Mitarbeiter mit annehmbarem Aufwand ist ein gelungenes Ergebnis mit großer Wirkung entstanden. Wir sind froh, dass wir es gemacht haben.“ Die Bewohner dürfen die Abfolgen der Farben spüren, die in sanften Tönen gestaltet sind. Sie sagen: „Jetzt weiß ich endlich, wo ich bin.“

Graeff-Schimmelpfennig hatte die künstlerische Leitung, zudem die Umsetzung verfolgt und engmaschig mit dem Haus abgesprochen. Die Farbdesignerin will den Blick der Bewohner in ihrer letzten Lebensphase mit der Farbe öffnen. Ihre Konzepte seien für Heime unterschiedlicher Art jeweils individuell machbar. Darüber will sie auch einen Vortrag halten.