Die Trachtengruppe aus St. Georgen zeigte beim Traditionsmorgen vor der Fruchtsäule Tänze aus dem Schwarzwald. Erstmals gab es auch einen Morgengruß, einen ökumenischen Gottesdienst, der an die Ursprünge des Volksfestes erinnerte. Foto: Rehberger Quelle: Unbekannt

Bad Cannstatt (ede) - Mit dem Traditionsmorgen vor der Fruchtsäule wurde das Cannstatter Volksfest offiziell gestartet. „Das hier ist die eigentliche Eröffnung“, stellte Wasenbürgermeister Michael Föll fest. Oberbürgermeister Fritz Kuhn habe sich am Tag zuvor ganz auf dem Fassanstich konzentrieren können.

Zuvor gab es erstmals einen ökumenischen Gottesdienst, geleitet von Dekan Eckart Schultz-Berg und Pfarrer Karl Böck von der St. Martin-Gemeinde. Er erinnerte an den Ursprung des Volksfestes als landwirtschaftliches Fest. Genau vor 200 Jahren nämlich gab es einen dunklen Sommer mit Frost und Schnee im August, täglich Gewitter und Regen. Die Ernte war schlecht, weil nichts wuchs. Die Menschen litten enorm. „Württemberg war das Armenhaus Europas“, beschrieb der Dekan die Situation. Erst viel später stellte sich heraus, dass ein Vulkanausbruch in Indonesien Auslöser dieser Wetterkatastrophe war. König Wilhelm I. ordnete zwei Jahre später, als es dem Volk wieder besser ging, ein großes landwirtschaftliches Fest an - die Geburtsstunde des Cannstatter Volksfestes. „Es entstand also als Erntedankfest - im Gegensatz zum Oktoberfest, das aus einem Hochzeitsfest hervorging“, so Schultz-Berg.

Der Wasenbürgermeister erläuterte anschließend den Begriff Tradition. Ist es die Aufführung von etwas Vergangenem? „Das kann ich im Museum sehen.“ Ist Tradition etwas Gegenwärtiges, das gerade schön ist und einen sich wohlfühlen lässt? „Das ist schnell vergänglich.“ Föll verwies auf Gustav Mahler, der Tradition beschrieb als Anbetung des Feuers, nicht der Bewahrung der Asche. Daher dankte er dem Volksfestverein, der dieses Feuer immer wieder entfacht, und dem „Feuermeister“ Robert Kauderer, dem Vorsitzenden des Volksfest-Vereins. „Der Verein hält die Tradition lebendig. Und das ist ungeheuer wichtig.“

Zur 200-Jahr-Feier werde auch Stuttgart in die Feierlichkeiten miteinbezogen, „eine große Geste“, stellte der Cannstatter Föll als Stuttgarter Erster Bürgermeister fest. Da werde auf dem Schlossplatz gefeiert. Zur Unterhaltung trug die Trachtenkapelle Langenschiltach und die Trachtengruppe St. Georgen aus dem Schwarzwald bei. Sie demonstrierten Schwarzwälder Volkstänze und ein Glockenspiel aus Ziegenglocken, „quasi ein Kuhglocken-Xylofon“, beschrieb Wulf Wager, der den Traditionsmorgen moderierte. Ihr Können demonstrierten auch die Fahnenschwinger der Niederburg aus Konstanz, die Deutsche Meister im Fahnenschwingen sind. „Sie kommen gerne nach Stuttgart“, so Wager, „denn Cannstatt gehörte früher zum Bistum Konstanz.“