Anfassen erlaubt: Im Besucherempfangsraum schauten sich die Leserinnen und Leser das Modell eines M 276-Motors genauer an. Quelle: Unbekannt

Von Mathias Kuhn

Einen Hauch Automobilgeschichte, die betriebsame Atmosphäre im Daimler-Stammwerk und einen Einblick in die aktuelle Motorenproduktion erlebten gestern 27 Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer Ferienaktion beim exklusiven Rundgang im Mercedes-Benz-Werk Untertürkheim. Unweit der historischen Schmiede konnten die Gäste die einzelnen Schritte bei der Herstellung des Vierzylinder-Benzinmotors hautnah verfolgen.

Die Einstimmung zur gestrigen Ferienaktion passte: Während die Teilnehmer auf den Start der Führung warteten, schlichen einige altehrwürdige Busse und historische Lastwagen Richtung Mercedes-Benz-Museum. Dort trafen sich gestern Oldtimerfans. Es war nicht der einzige Hauch von Automobilgeschichte an diesem Tag. Schließlich befanden sich die Besucher im Daimler-Stammwerk.

„Untertürkheims Schultes Eduard Fiechtner überzeugte 1899 Gottlieb Daimler, dass der Autopionier an diesem Standort sein neues Werk errichtet“, erklärte Besucherbetreuer Thomas Thum. 1904 startete die Produktion. Zu Beginn wurden in den Hallen noch die Fahrzeuge komplett zusammengebaut, seit der Inbetriebnahme des Fahrzeugwerks in Sindelfingen werden in den verschiedenen Werkteilen entlang des Neckars die Herzstücke aller Fahrzeuge mit dem Stern, der Powertrain, hergestellt: Motoren, Achsen, Getriebe und Komponenten, die dann in den Aufbauwerken in Sindelfingen, Bremen, Rastatt, Kecskemét, Alabama, Südafrika und Peking mit der Karosserie verheiratet werden.

Die Untertürkheimer Produktion läuft auf Hochtouren. Von Sommerpause keine Spur, wie die Ferienaktionsteilnehmer auf dem Weg vom Besucherzentrum in die Halle der Motorenfertigung feststellten. „Faszinierend. Das ist ja eine Stadt für sich“, staunte Liselotte Taube über die Dimension und die Betriebsamkeit. Ein Blick aus der Ferne in die Schmiede und die Hitze, die ins Freie drang, reichte: Mitgefühl für die dort bei hohen Temperaturen arbeitenden Mitarbeiter mischte sich mit Hochachtung und Faszination für diese im Automobilbau so elementare Arbeit. „Das denkmalgeschützte Gebäude stammt tatsächlich aus der Gründerzeit um 1904“, so Thum. Zum Beweis: Der alte Schriftzug „Daimler-Motoren-Gesellschaft“ schmückt noch immer die Fassade.

Auf dem Stand der heutigen Technik sind die Produktionslinien des Vierzylinder-Benzinmotors M 274. „Hier wird im Dreischicht-Betrieb gearbeitet“, so Thum. Wie der Motor gebaut wird, erlebten die Leser im Vorbeigehen: Stück für Stück näherte sich das Kraftpaket seiner Vollkommenheit: Montage der Kurbelwelle und Pleuel, händischer Einbau der Kolben, die Zylinderkopfzuführung und Verschraubung per Roboter sowie immer wieder Überprüfungsstationen. „Unsere Ziele sind die höchste Qualität und eine Fehlerquote, die gegen Null tendiert“, so Thum. Unterschiedliche Sicherungs- und aktive Fehlervermeidungs-Systeme sollen menschlichen Fehlern vorbeugen. Auch in der Recyclingquote ist das Mercedes-Benz-Werk vorbildlich: Ein sehr hoher Anteil der eingesetzten Ressourcen wird wiederverwendet. Statt mit Kraftstoff wird beispielsweise der Motor nach dem letzten Fertigungsschritt einem Kalttest unterzogen - auf Herz und Nieren geprüft. „Beeindruckend und überwältigend“, dankte Joachim Brösamle sowohl für die Eindrücke als auch für Thums fundierte und doch kurzweilige Erklärungen.