Gruppenbild mit „Raureiter“-Motorrad: 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer Ferienaktion erhielten gestern einen exklusiven Einblick in die Polizeigeschichte der Landeshauptstadt.Fotos: Müller  Quelle: Unbekannt

25 Leserinnen und Leser unserer Zeitung begaben sich bei der exklusiven Führung durch das Polizeimuseum auf Spurensuche in der Kriminalgeschichte Stuttgarts. Im Mittelpunkt standen unvergessene, dramatische Mordfälle, die Anfänge der Verkehrsregelung des Schutzmannes auf dem „Elefantenschuh“, der erste Entführungsfall Deutschlands mit Radiofahndung sowie die Entwicklung der Uniformen und der Technik.

Von Alexander Müller
„Es war absolut spannend und wirklich informativ“, brachte Brigitte Kaiser die einhellige Meinung der Teilnehmer nach der gut zweistündigen Führung mit Kriminalhauptkommissar Thomas Ulmer auf den Punkt. Bereits beim Eintritt in die Räume im Nebengebäude des Polizeipräsidiums Stuttgart auf dem Pragsattel bleiben fast alle Augen auf der Puppe mit der Kleidung eines Polizisten aus den 1960er-Jahren hängen – es war nur der Auftakt in eine Zeitreise der Polizeigeschichte der Landeshauptstadt. Gleich im ersten Raum des einzigen Polizeimuseums Baden-Württembergs, das Anfang des vergangenen Jahres eröffnet wurde, wird auf großflächigen Bildwänden die Vielseitigkeit der Polizeiarbeit dargestellt. Auf einem Bild ist eine Einsatzhundertschaft im damaligen Neckarstadion zu sehen, die auf den Einsatz gegen gewaltbereite Hooligans wartet. Waffen wie Schlagringe oder auch selbst gebastelte Messeraufsätze auf einem Tankdeckel sind ebenso ausgestellt wie bengalische Feuer, „die es leider heute immer noch gibt“, erklärte Ulmer. Das war Ende der 1960er-Jahre noch anders, als auch in Stuttgart die Studenten demonstrierten, wie ein anderes Bild dokumentiert.
Heute undenkbar ist auch die Tatsache, dass es in den 50er-, 60er- und 70er-Jahren durchaus legitim war, dass Autofahrer dem Schutzmann, der auf der Kreuzung den Verkehr regelte, als Dankeschön eine verpackte Flasche Wein als Souvenir auf seinen Sockel, den „Elefantenschuh“ stellten. „Mehrmals am Tag kam der Motorradpolizist vorbei und brachte die Geschenke aufs Revier“, erklärte Ulmer in einem seiner launigen Kommentare. Auch die Geschichte der Polizei im Dritten Reich wird nicht verschwiegen.
„Die kennen wir leider auch“, gab es einen Aha-Effekt im nächsten Raum beim Blick auf die Radarfallen. Auch eine Harley Davidson gibt es zu bestaunen, die einstmals von den amerikanischen Besatzern der Polizei geschenkt wurde. Und natürlich ein Polizeimotorrad, das vom damaligen Polizeipräsidenten Paul Rau eingeführt wurden, und daher heute noch „Raureiter“ genannt wird.
Über die mit Stuttgart verbundene Geschichte der Roten Armee Fraktion geht es zu berühmten Mordfällen in der Landeshauptstadt. Im Rahmen des ersten Kidnappingfalls in Deutschland in den 1950er-Jahren in Degerloch fand die erste bundesweite Radiofahndung, der „Vorläufer von „Aktenzeichen XY, statt“, erklärte Ulmer. Tatwaffen und Beweisstücke sind zudem vom Fall des „Hammermörders“ Norbert Poehlke ebenso wie vom Mord an zwei Polizisten 1989 auf der Gaisburger Brücke ausgestellt. Von letzterem kann man auch den originalen Funkverkehr hören. Besonders emotional konnte Ulmer vom sogenannten Zementmord aus dem Jahr 2007 berichten. Als damaliger Mitarbeiter der Mordkommission wusste er nicht nur die ausgestellten Beweisstücke genau zu erläutern, sondern beschrieb aus der eigenen Erfahrung, wie man letztendlich die Standorte der im Wald versteckten und im Neckar versenkten Leichenteile entdeckte.
Aber nicht nur Einzelfälle, sondern auch die Entwicklung in der Gesamtheit ist bestens dokumentiert. Sowohl an der Entwicklung der Uniformen von der Gründung der ersten staatlichen Residenzpolizei 1763 mit Pickelhaube und Mantel bis heute, ebenso wie an den verschiedenen Abzeichen und Dienstmarken sowie an den eingesetzten Waffen. Auch die viel diskutierten Einsätze im Rahmen der Protestaktionen gegen Stuttgart 21 werden nicht ausgespart. Eben eine ausführliche Spurensuche in der Kriminalgeschichte Stuttgarts.