Der Untertürkheimer Wengerter Volker Schnaithmann zeigt die Knospen, die bei Frosttemperaturen erfrieren können. Fotos: Kuhn Quelle: Unbekannt

Von Mathias Kuhn

Der Blick der Landwirte richtet sich bange gen Himmel. Schnee und Nässe kombiniert mit Kälte lassen Obst- und Weinbauern bibbern. „Glücklicherweise ist die Obstblüte fast beendet“, sagt Markus Nanz aus Uhlbach. Meteorologen sagen aber noch stärkeren Frost für die kommenden Nächte voraus. Die Temperaturen sollen auf minus vier Grad Celsius sinken. Wengerter befürchten erhebliche Schäden an den jungen Trieben der Reben und damit Einbußen bei der Ernte.

Der Winter ist zurück. Nach 25 Grad Celsius vor neun Tagen, sinkt die Säule des Thermometers nachts und am Vormittag unter die Null-Grad-Grenze - zum Leidwesen der Landwirte. Schneeschauer überzogen gestern die Obstbäume nahe der Egelseer Heide mit schwerer, weißen Pracht. Die Apfelblüten waren mit Schneeflocken bedeckt. Sonnenschein und Schneegestöber wechselten sich mehrfach ab. Markus Nanz, Wengerter und Obstbauer aus Uhlbach, lassen diese Wetterkapriolen kalt. „Die Steinobstbäume haben ihre Blüte bereits beendet. Sie dürften ohne Schaden davonkommen.“ Kummer bereiten ihm auch die Apfel- und Birnenbäume kaum. Wenn von der herrlichen Vollblüte, die wir in den vergangenen Tagen bewundern konnten, zehn oder zwanzig Prozent der Blüten unbeschadet bleiben, gibt es eine gute Ernte“, so Nanz.

Die Prognosen der Meteorologen beunruhigen ihn mehr. Eine polare Kaltwetterfront mit Wolken überquert die Region Stuttgart. Sie zeichne auch für die Schneeschauer verantwortlich, so Klaus Riedl vom Deutschen Wetterdienst. In den kommenden Tagen lockere die Wolkendecke dann vor allem nachts auf, was zu starkem Nachtfrost führe. „Von Dienstag auf Mittwoch erwarten wir Luftfrost von minus zwei Grad Celsius. Die Nacht auf Donnerstag wird noch klarer. Die Temperaturen sinken dann sogar bis auf minus vier Grad Celsius“, sagt Riedl voraus. Bei den Wengertern läuten dabei die Alarmglocken.

„So weit wie viele Reben jetzt bereits entwickelt sind, können Temperaturen von niedriger als minus ein Grad Celsius zum Erfrieren der Fruchtansätze führen“, sagt der Untertürheimer Wengerter Volker Schnaithmann aus Erfahrung. 2011 hatte er in den flacheren Abschnitten seiner Weinberge in der Württembergstraße große Ernteausfälle. Mit Sorge betrachten er und sein Nachbar Ernst Warth die weit fortgeschrittenen Triebe der Lemberger-Stöcke. „Der Austrieb ist zwei Wochen voraus. Eine sensible Phase“, so Warth. Mehr noch als die tiefen Temperaturen fürchten die Wengerter, was die Meteorologen für den Donnerstagmorgen vorhersagen: Sonnenschein nach einer eiskalten Nacht. „Dann wärmen sich die Zellen rasch auf und können platzen“, befürchtet Warth. In Südtirol setzen die Obst- und Weinbauern deswegen auf das Mittel der Frostberegnung. Eine schützende Eisschicht bildet sich dabei um die Blüten. In den 1960er-Jahren habe man in Stuttgart Öfen in die Weinberge gestellt und Brennmaterial verfeuert - um Wärme zu erzeugen, aber auch um durch den Ruß die Sonneneinstrahlung zu verringern. „Ein unangenehmes Geschäft, das heute undenkbar wäre“, sind sich Warth und Schnaithmann einig. Ihre Hoffnung ist, dass die Auswirkungen des Frosts in Stuttgart glimpflicher sein werden. „In einer Woche wissen wir mehr“, sagt Schnaithmann.