Jonas Lander geht mit seinen Surfershorts im Familienbecken des Inselbads gerne ins Wasser. Foto: Kuhn Quelle: Unbekannt

Von Mathias Kuhn

Eher etwas mehr Textil als zu wenig, lautet das Motto vor allem bei jungen Gästen im Inselbad. Es hüpfen zwar immer noch einige Männer in knappen Badehosen ins Wasser und vereinzelt rekeln sich Frauen im Bikini auf der Wiese. Sie sind in der Minderheit. Jugendliche fühlen sich in langbeinigen Surfershorts wohler. „Immer mehr Frauen kommen auch in Burkinis“, sagt Karin Rudolph von den Bäderbetrieben.

Altgediente Bademeister müssen sich manchmal zurückhalten. Noch vor sieben Jahren hätten sie Männer, die in Sportshorts oder Radlerhosen ins Becken sprangen, zurückgepfiffen. Aus hygienischen Gründen, und weil die Stoffhosen viel Wasser aus dem Becken getragen haben. Die Sporthosen waren auf der Wiese zwar gestattet, im Wasser waren jedoch die klassischen Badehosen ohne Stoff an den Beinen Pflicht. „Mittlerweile haben sich die Materialien der Shorts allerdings verändert“, sagt Arvid Donert, der Leiter des Inselbads.

Die Stars der Schwimmsportszene haben‘s vorgemacht: Sie kraulen mit bis zum Knöchel reichenden Anzügen zu Rekorden und setzen den Trend. „In den Sportgeschäften hängen längst mehr Surfer- und andere Shorts als klassische Badehosen“, sagt Rudolph. „Zurück in die Zwanzigerjahre“, ergänzt Donert lachend. Die Bäderverantwortlichen haben dadurch keine Veranlassung, die Träger solcher Shorts aus dem Wasser zu verbannen. Der Schmutzeintrag durch Gras oder Sand sei nicht viel größer als bei Badehosen und der Wasserverlust vernachlässigbar. Allerdings sollte der Badegast nichts mehr unter der Short tragen. „Unterhosen sind aus hygienischen Gründen tabu“, so Rudolph. Die Kontrolle ist verständlicherweise schwierig. „Wenn sich dann aber doch eine Unterhose abzeichnet oder der Bund zu sehen ist, weil die Short verrutscht, gibt‘s eine Rüge“, sagt Rudolph.

Der Trend bei den Männern hat auch vor den Frauen und Mädchen nicht Halt gemacht. Knappe Bikini sind rar. „Vor wenigen Jahren mussten wir uns Gedanken machen, ob wir etwas gegen String-Tangas unternehmen, heute ist dies kein Thema mehr“, sagt Rudolph. Auch ein freizügiger Trend der Achtziger- und Neunzigerjahre ist passé. „Damals wollte man sich hüllenlos bräunen lassen. Immer wieder bekamen wir Beschwerden, weil Damen oder Mädchen ihr Oberteil fallen ließen“, erinnert sich Rudolph. Die Badebeschäftigten tolerierten die Sonnenanbeterinnen auf der Wiese, heute liegt sich selbst bei brütender Hitze kaum eine Frau mehr „oben ohne“ ins Gras. Das hat allerdings oftmals weniger mit Scham, sondern mit der Angst vor zu viel Sonneneinstrahlung zu tun.

Dies spiegelt sich auch in speziellen Lycra-Badeshirts wider, mit denen Besucherinnen und Besucher ins Wasser steigen. „Es begann aus Angst vor der UV-Strahlung bei Kindern, hat sich jetzt aber auch auf Erwachsene ausgeweitet“, so Donert.

Kulturelle und religiöse Gründe bewegen zudem Frauen, in einen Burkini zu schlüpfen. Immer öfter sind die zweiteiligen Schwimmanzüge aus Elastan - meist mit integrierter Kopfbedeckung - auch im Inselbad zu sehen. Sie sind erlaubt. „Das Gesundheitsamt hatte keine Einwände aus hygienischen Gründen, das Kultusministerium empfiehlt sie muslimischen Mädchen für den Schulschwimmunterricht. Wieso sollen wir die Burkinis in Stuttgarts Bädern verbieten?“, fragt Rudolph.