(ale) - Alter schützt vor Sucht nicht. Seit zwei Jahren gibt es das Projekt achTsam der Suchtberatung am Klinikum Stuttgart. Betroffene werden dabei von den Mitarbeitern in ihrem Alltag unterstützt. Überraschend: Auch immer mehr Senioren leiden an einer Suchterkrankung. „Meist geht es dabei um Alkohol, aber auch um Tabletten“, sagt Johanna Feldmann.

Die Sozialpädagogin ist zusammen mit ihrem Kollegen Fabian Höhler für den Stuttgarter Osten und die Oberen Neckarvororte zuständig. Das regelfinanzierte Projekt bietet betroffenen Menschen Unterstützung im Alltag. „Unsere Aufgabe ist nicht die Suchtberatung im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr damit sie ihren Lebensalltag bewältigen können“, erklärt Feldmann. Denn oftmals bereiten chronisch Suchtkranken bereits einfache Aufgaben große Probleme. So helfen die Betreuer bei Behördengängen, organisieren Arztbesuche oder helfen, dass die kranken Menschen auch alle ihnen zustehenden Sozialleistungen erhalten.

„Es ist ein sehr niederschwelliges Angebot und vor allem auch absolut kostenlos“, ergänzt Höhler. Die Betreuung könne mit dem Betreuten Wohnen verglichen werden, ist sehr intensiv. Mindestens einmal in der Woche sind die Sozialarbeiter bei den Betroffenen direkt vor Ort, täglich wird ein Telefonat geführt. „Es hat viel mit Krisenbewältigung zu tun“, sagt Köhler. Über die Zeit entstehe so oft ein besonderes Vertrauensverhältnis. Doch aller Anfang ist schwer.

Im Augenblick sind es 20 Klienten aus dem Bereich des Stuttgarter Ostens und den Oberen Neckarvororten. Die Resonanz lasse noch zu wünschen übrig. Deshalb stellte er mit seinen Kollegen das Projekt „achTsam“ noch einmal im Seniorenkreis Hedelfingen vor. Der Seniorenkreis war dabei bewusst gewählt. Schließlich sind überraschend viele ältere Menschen von einer Suchtkrankheit betroffen. „Unser Angebot ist für alle Altersklassen offen, aber ein Großteil der Klienten sind mindestens 60 Jahre alt“, sagt Feldmann. Generell könne man nicht pauschal sagen, dass in erster Linie ältere Menschen suchtgefährdet sind, aber schließlich dauere es in der Regel eine Weile, bis sich eine Sucht entwickle. Die häufigste Erkrankung sei nach wie vor die Alkoholsucht. Gerade bei Älteren komme aber auch immer wieder der Missbrauch von Medikamenten vor.

Die meisten Hinweise erhalten die beiden Sozialpädagogen bislang noch über das Sozialamt oder das Jobcenter. Aber auch Privatpersonen können sich beim Projekt melden. „Oftmals sind es Verwandte, die uns informieren. Denn die Betroffenen verleugnen in der Regel ihre Krankheit“, sagt Feldmann. Aber auch Privatpersonen können sich an das Projekt wenden, auch als anonymer Hinweis. „Wir sind verpflichtet, jedem Hinweis nachzugehen.“

Ansprechpartner ist die Suchtberatung des Klinikums Stuttgart, achTsam-Projekt, Telefonnummer 278-29 300.