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Tübingen (dpa/lsw) - Mehrere Dutzend Studenten und Aktivisten haben ein Haus in Tübingen besetzt.

Sie seien am Donnerstag gegen 19 Uhr in ein denkmalgeschütztes Gebäude in der Stauffenbergstraße eingedrungen, teilte gestern eine Sprecherin der Stadt mit. Sie hätten ein Transparent an das Gebäude gehängt, auf dem „Wohnungsnot + Leerstand = Hausbesetzung“ stehe. Laut Polizei sei bislang alles friedlich verlaufen.

„Die Besetzung ist eine Reaktion auf den großen Leerstand von Wohnraum bei gleichzeitiger Wohnungsnot und massiv steigenden Mietpreisen in Tübingen“, teilten die Besetzer mit. Die Wielandshöhe, wie das Gebäude genannt wird, werde in den kommenden Tagen Raum bieten, um über Leerstände und hohe Mieten zu sprechen. Über das Wochenende sind mehrere Veranstaltungen von Workshops bis zum Konzert in dem besetzten Haus geplant.

Das Gebäude ist laut den Angaben der Stadt im Besitz der Evangelischen Diakonieschwesternschaft Herrenberg/Korntal. Die Stadt wollte das Gebäude eigentlich für die Unterbringung von Flüchtlingen mieten, sagte der Tübinger Baubürgermeister Cord Soehlke gestern. Die Verhandlungen seien aber vor drei Monaten gescheitert, weil die Eigentümer das Haus verkaufen möchten.

Wohnungsnot sei in Tübingen seit längerem ein Problem. „Aber Hausbesetzen ist nicht das richtige Mittel“, kritisierte Soehlke. „Ich kann es nicht billigen.“ Die Stadt habe aber großes Interesse daran, dass die Situation nicht eskaliere. Er habe mit den Besetzern geredet, sie hätten keinen aggressiven Eindruck gemacht. „Alle sind interessiert daran, dass Wohnraum sinnvoll genutzt wird.“ Die Aktivisten hätten ihm versichert, dass sie sorgfältig mit dem sensiblen, denkmalgeschützten Gebäude umgehen. „Niemandem geht es darum, etwas kaputt zu machen.“

Die Stadt habe bereits einen Kontakt hergestellt zwischen den Eigentümern und den Besetzern. Die Oberin der Schwesternschaft werde heute nach Tübingen kommen und mit den Aktivisten reden.

Die Stadt versuche der Wohnungsnot aber mit anderen Mitteln zu begegnen, sagte Soehlke. Der Tübinger Gemeinderat habe vor wenigen Wochen erst eine Zweckentfremdungssatzung beschlossen. Eigentümer mit leerstehenden Wohnungen würden nun angeschrieben und hätten die Möglichkeit, sich zu äußern, warum die Gebäude leer stehen.