Von Hermann Neu

Stuttgart - Klagen über Rumpel-Straßen sind vor allem nach dem Winter verbreitet. Laut Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat sich jedoch der Zustand der Straßen im Land verbessert. Der Minister sieht dies als Bestätigung seines Kurses, den Erhalt von Straßen gegenüber Aus- und Neubau in den Vordergrund zu stellen. Sorgen bereiten marode Brücken sowie Autobahnen aus Betonplatten, die bei Hitze im Sommer 2016 erneut Tempolimits nötig machten.

Bei der Finanzierung des Straßenerhalts strebt Hermann mittelfristig eine Summe von jährlich 140 Millionen Euro an, für 2017 sind 92 Millionen vorgesehen. Im Verkehrsbereich gebe es außer Maßnahmen für Fußgänger und Radfahrer „nicht viel, was nicht viel kostet“, sagte Hermann gestern in Stuttgart. Auch das Personal sei an der Leistungsgrenze, nötig seien allein für die Verwaltung der Straßensanierung 50 Stellen zusätzlich. In den Verhandlungen mit Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) zum kommenden Doppeletat hofft Hermann auf Unterstützung durch die Fraktionen von CDU und Grünen, die sich bereits bisher für eine Aufstockung eingesetzt hätten.

„Sehr teuer“ kommt laut Hermann vor allem die Sanierung der Autobahnen, wo bei Hitze aneinanderstoßende Betonplatten die gefürchteten Blowups zur Folge haben. Um die Gefahr durch solche Aufbrüche zu mindern, gab es auch im Sommer 2016 tagsüber auf manchen Abschnitten Tempo 80. 380 der 1000 Kilometer Autobahn im Land sind sanierungsbedürftige Beton-Trassen. Davon wurden bereits 55 Kilometer erneuert.

Entlastungsstreifen gegen Blowups

2017 sollen 38 Kilometer hinzukommen, etwa die A8 zwischen dem Autobahnkreuz Stuttgart und Leonberg. Vorgesehen ist auch der Einbau weiterer Entlastungsstreifen aus Asphalt, die alle 400 Meter wie ein Dehnungsausgleich quer über die Fahrbahn gezogen werden. Vorgesehen sind Abschnitte der A 7, der A 8 und der A 81.

Im Fokus bleiben die Brücken, denen besonders die Kolonnen von Lkw mit bis zu 44 Tonnen zusetzen. Laut Hermann wurde durch ein Schwerpunktprogramm bei den Autobahnen die Fläche der Brücken mit ungenügendem Zustand um 74 200 Quadratmeter von 6,4 Prozent auf 1,8 Prozent verringert. Bei den Bundesstraßen wurde erreicht, dass die Fläche der Brückenbauwerke mit ungenügendem Zustand von 2010 bis 2017 um zwölf Prozent zurückging, bei Landesstraßen beträgt das Minus 15 Prozent. Erhalt und Ertüchtigung von Brücken bleiben laut den Angaben des Ministers ein Schwerpunkt auch in den kommenden Jahren.

Insgesamt ist als Resultat der seit 1992 alle vier Jahre durchgeführten Erfassung des Straßenzustands im Land erstmals etwas besser geworden. Die nach dem Regierungswechsel 2011 eingeleitete Umorientierung, die verstärkt auf die Sanierung und den Erhalt setzt, hat sich Hermann zufolge bewährt. Der Zustandswert der 4000 Kilometer Bundesstraßen stieg von Note 3,2 im Jahr 2012 auf 3,0 im Jahr 2016, bei den 10 000 Kilometer Landesstraßen sind es 3,4 gegenüber zuvor 3,5 heraus.

Durch höhere Landesmittel für den Erhalt wurden laut den weiteren Angaben zwischen 2011 und 2016 für 539 Millionen Euro 1179 Kilometer Landesstraßen und dazugehörige Bauwerke und für 1,8 Milliarden 1662 Kilometer Bundesstraßen saniert. Damit sei der Paradigmenwechsel geglückt und die zuvor festgestellte kontinuierliche Verschlechterung gestoppt worden, sagte der Minister.

Spezialfahrzeuge erfassen Bedarf

Für die Jahre bis 2020 setzt die Landesregierung unter anderem auf die genaue Erfassung des Sanierungsbedarfs durch Spezialfahrzeuge mit Kameras und Laser. Mit einem Punktesystem wird dabei bewertet, wie vordringlich Schritte zum Erhalt sind. 100 Punkte bedeuten einen katastrophalen Zustand, ab 70 Punkte gilt eine Sanierung als dringend. „Die digitale Baustelle kommt“, ist sich der Minister sicher und verweist auf die modernste Technik, die den Zustand erfasst und die Reihenfolge auf dem Sanierungsplan der nächsten Jahre festlegt. Bis 2020 sind bei den Landstraßen 1174 Streckenabschnitte mit 1000 Kilometern Gesamtlänge für Erhaltungsmaßnahmen vorgesehen. Bei den Bundesstraßen geht es um 758 Abschnitte mit 828 Kilometern Länge.