Das Maurische Landhaus war einst das Badehaus von König Wilhelm I. Das haben neueste Forschungen ergeben. Es ist im Stil der Architektur des Orients erbaut und hat ägyptische und türkische Einflüsse, wie Maximilian Friedrich Grimm herausgefunden hat. Foto: Wilhelma Quelle: Unbekannt

(if) - Gemeinhin wird bei der Wilhelma und ihrer Architektur von der schwäbischen Alhambra gesprochen. Dass dies nicht so stimmt, belegen nun die Forschungsergebnisse des Cannstatter Kunsthistorikers Maximilian Friedrich Grimm und dessen Masterarbeit, die er nun vorlegt. Die Wilhelma-Architektur hat türkisch-arabische Wurzeln.

Das behauptet Grimm in seinem Buch „Die historische Wilhelma, Faszination Orient im 19. Jahrhundert“, das er am Samstag, 11. Juni, bei einem Vortrag um 17 Uhr in der Stadtteilbücherei Bad Cannstatt, Überkinger Straße 15, vorstellt. Derzeit promoviert Grimm, der an der Universität Stuttgart Kunstgeschichte studiert, über den „Kurort Cannstatt“. Sein Buch wurde gefördert von Pro Alt-Cannstatt, wie der Vorsitzende, Olaf Schulze, erklärt.

Grimm hat entdeckt, dass sich die Architektur nicht an der spanischen Alhambra orientierte, sondern an der Türkei und Ägypten. Bislang wurde immer behauptet, dass König Wilhelm I. zwar Ideen für ein Badhaus in der Wilhelma hatte, dies aber immer verworfen hat. Grimm geht davon aus, dass hier ein Badehaus stand, dort wo heute das „Maurische Landhaus“ steht. Grundlage sei auch gewesen, dass man in der Wilhelma eine Mineralquelle entdeckt und diese genutzt habe. Außerdem stand während der Bauzeit der Wilhelma im Jahr 1842, Cannstatt als Kurort in seiner Blüte.

Historische Pläne für das Badhaus gab es: Auf der anderen Neckarseite, wo zu der Zeit das Badhotel Herrmann stand - im übrigen Cannstatts meistbesuchtes Kurhaus. Auch in fürstlichen Gärten seien damals Badehäuser gebaut worden, so Grimm. Die Pläne für dieses Bad nach türkischem Vorbild seien bislang verworfen worden, weil es sich nur um ein Badezimmer handelte, das einen achteckigen Zimmergrundriss hatte. „In der Mitte stand ein Trinkbrunnen“, so Grimm. Dies gehe auf ein römisches Vorbild zurück. Die Gewächshäuser seien zum Wandeln genutzt worden. Auch habe Wilhelm das Badhaus für Gesellschaften genutzt, so der Wissenschaftler. Der König, dem viele Frauengeschichten nachgesagt wurden, habe auch Aktdarstellungen in Fenstern, Harems- und Badeszenen in der Wilhelma gehabt. Alles spreche für ein Badehaus, so Grimm. Zwei dieser Aktdarstellungen befänden sich noch im Alten Schloss, so Schulze. Auch verweist Grimm auf ein Maurisches Bad am Sulzerrain beim heutigen Mineralbad Cannstatt, das zerstört wurde, später das Karl-Olga-Bad hieß, und dem Bad in der Wilhelma ähnlich gesehen habe. Auch König Wilhelm habe sein Bad als „Maurisches Bad“ bezeichnet, dann aber Wilhelma genannt. „Auch im Orient war es üblich, Badehäuser nach Sultanen zu benennen“, erklärt Grimm.

Maurisch verstand man damals als orientalisch. Grimm hat herausgefunden, dass Wilhelm für den Bau des Bads einige Personen auf Reisen geschickt hat: seinen Stallmeister Wilhelm von Taubenheim, den Autor Friedrich Hackländer, der darüber geschrieben hat und eine wichtige Quelle für Grimm ist und der Arzt Karl Popp sowie der Maler Friedrich Frisch. Sie seien 1840 bis 1841 nach Konstantinopel (das heutige Istanbul), Kairo, Palmyra und Alexandria im Auftrag von Wilhelm gereist, um dort Vorbilder für das Projekt des Königs zu suchen. Auch Grimm war in Istanbul und hat dort architektonische Ähnlichkeiten entdeckt.