Ein mittlerweile gewohntes Bild auf dem Bahnhofsvorplatz: Ein Großaufgebot der Polizei (im Bild vor dem VfB-Spiel gegen Dortmund) muss eine Massenschlägerei verhindern. Foto: 7aktuell Quelle: Unbekannt

Von Uli Nagel

Dass es auf dem Vorplatz des Cannstatter Bahnhofes vor oder nach Heimspielen des VfB Stuttgart immer wieder zu Großeinsätzen der Polizei kommt, ist Fußball-Alltag beim zuständigen Revier Martin-Luther-Straße. Mit Sorge bewertet dessen Chef Thomas Engelhardt dagegen den Angriff von etwa 20 VfB-Ultras auf seine Beamten am Samstagfrüh in der Daimlerstraße, bei dem ein 27 Jahre alter Polizist verletzt wurde.

Der Beamte und seine 24 Jahre alte Kollegin wurden am frühen Samstagmorgen zu einem Verkehrsunfall in der Daimlerstraße gerufen. Beide waren noch mit der Aufnahme beschäftigt, als sie gegen 3.20 Uhr plötzlich von rund 20 jungen Männern angegriffen wurden. Diese waren aus einer nahegelegenen Gaststätte gestürmt, die als Fankneipe bekannt ist. Einige der Gewalttäter vermummten sich und bewarfen die Beamten mit Böllern. Als die sich in ihren Streifenwagen flüchteten und per Funk Verstärkung anforderten, schlugen ein paar der Randalierer durch das offene Fenster dem 27-Jährigen ins Gesicht und beschädigten zudem den Streifenwagen. Die Verstärkung musste Schlagstöcke und Pfefferspray einsetzen, um der Situation Herr zu werden. Die Angreifer zogen sich daraufhin in die Gaststätte zurück. Dort nahm die Polizei kurz darauf 21 Tatverdächtige in Gewahrsam.

Dass seine Beamten direkt vor oder nach einem Bundesliga-Spiel sich mit wildgewordenen Fans, ob vom VfB oder vom Gegner, auseinandersetzen müssen, ist für Thomas Engelhardt nicht neu. „Der Angriff etliche Stunden vor dem Spiel in der Daimlerstraße gibt mir dagegen zu denken“, so der Revierleiter, der von einer neuen Stufe der Gewalteskalation bei den Ultras spricht. „In der Form haben wir das noch nicht erlebt“, so Bad Cannstatts Polizei-Chef.

Gibt der Angriff auf seine Beamten in der Daimlerstraße ihm Anlass zur Sorge, so will Engelhardt die beiden letzten Heimspiele gegen Bayern und Dortmund und die Vorfälle im und um den Bahnhof Bad Cannstatt dagegen nicht überbewerten. Wie berichtet, musste die Polizei dort jeweils mit einem Großaufgebot anrücken, um eine Massenschlägerei zu verhindern. „Es ist bei den gegnerischen Anhängern bekannt, dass der Bahnhofsvorplatz Terrain der VfB-Fans ist“, weiß Engelhardt. Solche Jagdszenen und negativen Erfahrungen habe man mit Frankfurter, Karlsruher oder Nürnberger Anhägern schon gemacht. Wobei die Dortmunder es ganz schlau anstellen wollte. Sie starteten bereits um 4 Uhr morgens ihre Fahrt vom Ruhrpott nach Stuttgart. In Backnang angekommen, stiegen sie jedoch in die S-Bahn um und schickten die Reisebusse weiter nach Stuttgart. „Als wir die leeren Sitze sahen, wussten wir Bescheid“, sagt Thomas Engelhardt und erinnert sich an die Nürnberger Fans, die das gleiche Manöver versuchten. Für 300 Dortmund-Fans endete der Ausflug ins Schwabenland mit einem mehrstündigen Aufenthalt in einer Revierzelle.

Und das nächste Heimspiel gegen Mainz 05? „Harmlos“, lacht Engelhardt. Denn die Fans des „Karneval-Vereins“ haben auf ihrer Homepage verkündet, mit dem Bus nur bis Marbach zu fahren und von dort mit der MS Wilhelma zum Stadion zu schippern. Wenn überhaupt, dann ist an diesem Tag die Wasserschutzpolizei gefordert. Denn Anhänger des VfB Stuttgart haben laut Polizei als Antwort kurzerhand das Partyfloß des Neckar-Käpt’ns gebucht.