Ein Schild erinnert an den Stollen Brücken-/Haldenstraße. Foto: Frey Quelle: Unbekannt

Von Iris Frey

Vor zehn Jahren haben sich zwölf Bunkerinteressierte zusammengefunden, nachdem Rolf Zielfleisch über die Bunker für das Buch „Stuttgarter Bunkerwelten“ recherchierte und auf Gleichgesinnte traf. „Man stellte sehr schnell fest, dass es in Stuttgart zahlreiche derartige Bauwerke gibt, die in der Öffentlichkeit kaum bekannt waren“, sagt Zielfleisch. Heute zählt der Verein knapp 100 Mitglieder.

„Der Kalte Krieg war vorbei und die Geheimhaltung respektive Geheimniskrämerei über Schutzbauwerke lockerte sich. Es war aber zu diesem Zeitpunkt noch keinesfalls von Auflösung derartiger Bauwerken die Rede“, so Zielfleisch. Damals entwickelte der Verein die Idee, die Geschichte des Luftschutzes in zwei Bauwerken zu präsentieren. Hier fiel die Wahl auf den Spitzbunker in Feuerbach, der seit 1990 unter Denkmalschutz stand, und den Tiefbunker am Bahnhof in Feuerbach, das das am besten ausgestattete Bauwerk für den Kalten Krieg in Stuttgart war. „Es sollten aber nicht nur diese Bauwerke zugänglich gemacht werden, sondern auch Führungen durch Bauwerke in den anderen Stadtteilen stattfinden.“

Nachdem das Konzept abgesteckt war, begannen die Aktiven Exponate aus der Zeit von 1933 bis 1945 zu suchen. Durch Aufrufe in der Presse kamen einige Exponate zusammen. In Archiven kam der Verein an Bilder, mit denen die Ausstellung aufgebaut wurde. Geldmittel wurden von privater Hand vorgeschossen. Nach nur vier Monaten konnte zum Tag des offenen Denkmals die Ausstellung gezeigt werden. Um den Verein bekannter zu machen, wurden auch andere Bauwerke in Stuttgart für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Da der Verein bislang nur einen Vertreter eines Hoch- und eines Tiefbunkers hatte, wollte er auch eine Stollenanlage der Bevölkerung zeigen. Hier gab es das Bauwerk unter der Berger Kirche, den Stollen Mühlkanal, so Zielfleisch. In Obertürkheim wurde der Mirabellenstollen mit eingebunden. Da dieses Bauwerk aber komplett leer ist, kam die Idee auf, solche Bauwerke mit einer künstlerischen Darbietung zu verbinden. Damit war die Idee Kultur im Bunker geboren. Nach der Führung gab es eine künstlerische Darbietung. Dieses Konzept wurde auch auf andere Bauwerke wie den Sonnenbunker in Bad Cannstatt, den Pragsattelbunker und Bunker in der Stadtmitte übertragen.

Seit 2009 macht der Verein regelmäßig im Tiefbunker Feuerbach mindestens eine Kulturveranstaltung. Auch gibt es Lesungen, Theateraufführungen, Konzerte. 2008 legte der Verein in Mühlhausen den Zugang zu einem alten Pionierstollen wieder frei und machte das Bauwerk wieder begehbar, indem er es wieder elektrifizierte.

Bei den zahlreichen Führungen erfuhren die Teilnehmer so manche Geschichten, die unbekannt waren oder totgeschwiegen wurden. „Die eindrücklichste Geschichte war das Unglück im Stollen Brücken-/Haldenstraße in Bad Cannstatt, wo im April 1944 23 Menschen, darunter zwölf Kleinkinder, durch Panik ums Leben kamen“, so Zielfleisch. Hier hat der Verein initiiert, dass diesen vergessenen Opfern durch eine Gedenktafel auf dem Steigfriedhof gedacht wird. Der Verein sorgt seither dafür, dass durch Blumenschmuck diese Gedenkstätte weiter gewürdigt wird. „Ein Hinweis durch das Friedhofsamt am Eingang auf diese Gedenkstätte wäre sehr wünschenswert.“

Inzwischen habe sich der Bund aus dem Schutzraumkonzept verabschiedet und in sämtlichen Bunkern wurde das restliche Inventar mit Finanzmitteln des Bundes geräumt. „Durch das rechtzeitige Reagieren des Vereines konnten der Tiefbunker in Feuerbach und der Hochbunker in Steinhaldenfeld mit seiner Ausstellung über Turmuhren unter Denkmalschutz gestellt werden“, berichtet Zielfleisch. Damit können solche Bauwerke auch zukünftigen Generationen als unangenehme Baudenkmäler der Bevölkerung erhalten bleiben. Zielfleisch kritisiert die restriktiven Maßnahmen der Verwaltung in Bezug auf den Brandschutz, die nicht viel Spielraum ließen, als in exemplarischen Bauwerken Führungen zu veranstalten.

Das Jubiläumsjahr wird mit diversen Sonderveranstaltungen, wie mit einer Sonderausstellung über den Kriegsschrott und seiner Verwendung in der Nachkriegszeit begangen. Dies hat der Verein auch in einer Publikation dokumentiert. Im September wird es eine Führung durch den Pionierstollen in Mühlhausen geben. Im Oktober wird der Leiter des Stadtarchivs, Roland Müller, einen Vortrag über die Schwierigkeiten in der Nachkriegszeit halten. Es gibt monatliche Führungen durch die Bunker und Ausstellungen am Bahnhof Feuerbach. Zuletzt gab es Führungen am vergangenen Wochenende.

Für die kommenden Jahre will der Verein die Ausstellung im Pragsattel über den modernen Katastrophenschutz ausbauen und erreichen, dass die Führungen von Stuttgart Marketing in deren touristisches Programm aufgenommen werden. Neue Mitglieder sind stets willkommen.

www.schutzbauten-stuttgart.de