Auf diesem Stück Wiese beim Seilerwasen gegenüber des Rosensteinbunkers soll der Taubenturm gebaut werden. Foto: Brucklacher-Gunzenhäußer Quelle: Unbekannt

Von Uli Nagel und Iris Frey

Angesichts des furchbaren Terroranschlags am Flughafen Atatürk in Istanbul zeigen sich die großen Reiseveranstalter kulant. Bis Ende Juni können ihre Kunden kostenlos stornieren und umbuchen. Welche Auswirkungen der Anschlag generell für den Türkei-Tourismus haben wird, kann keiner sagen. Fakt ist: Das Auswärtige Amt hat für die Badeorte an der Riviera noch keine Reiswarnung ausgesprochen.

An Spitzentagen steht bis zu sechs Mal der Istanbuler Flughafen Atatürk auf der Anzeigetafel in der Abflughalle am Stuttgarter Flughafen. Von den täglich gut 2500 Passagieren, die in Richtung der türkischen Metropole fliegen, sind etwa 1600 Touristen, die ihren Urlaub am Bosporus verbringen wollen. In wenigen Wochen, wenn die großen Ferien in Baden-Württemberg beginnen, wird sich die Zahl sicher noch einmal erhöhen. Zumal auch noch viele Türken, allein in der Landeshauptstadt leben fast 20 000, dann in ihre Heimat zu ihren Familien fliegen wollen. Doch im Gegensatz zu einem Tourist haben sie keine Alternative, denn angesichts des bereits dritten schweren Terroranschlags auf türkischem Boden, zeigen sich die großen Reisenanbieter kulant. „Wir bieten bis zum 31. Juli kostenlose Umbuchungen und Stornierungen für Reisen nach Istanbul an“, sagt Anne Schmid, Pressesprecherin bei DER Touristik. Für alle anderen Türkei-Reisen, beispielsweise an die Riviera nach Antalya, greifen dagegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, was bedeutet, dass hier keine kostenlosen Stornierungen und Umbuchungen möglich sind, da das Auswärtige Amt für die südlichen Urlaubsziele keine Reisewarnung ausgesprochen haben. „Wir müssen so verfahren“, sagt Anne Schmid. Denn nur Experten können festlegen, ob Terrorgefahr besehe oder nicht. „Schließlich unterhält ein Reiseveranstalter keinen Geheimdienst.“ Laut der DER-Sprecherin waren die Türkei-Buchungen bereits seit den Terroranschlägen in Paris im November vergangenen Jahres rückläufig gewesen. Aus diesem Grund habe sich das Unternehmen dazu entschlossen, für Buchungen in einige Länder in der diesjährigen Sommersaison extrem kulant zu sein. Wer beispielsweise im Januar oder Februar eine Reise nach Ägypten, Tunesien oder in die Türkei gebucht hatte und vier Wochen vor Reiseantritt kalte Füße bekommt, kann kostenlos stornieren und umbuchen. „Allerdings hat das Geschäft - trotz zweier Anschläge in der Türkei in diesem Jahr - im Mai wieder angezogen“, so Schmidt. Wie sich das Drama vom Flughafen Atatürk auswirkt, könne heute nur gemutmaßt werden. „Wir beobachten die Entwicklung in Istanbul aufmerksam und stehen in laufendem Kontakt mit den Behörden“, versichert die Sprecherin. Bisher gab es beim DER-Kundenservice nur allgemeine Anfragen zur Türkei. Erhöhte Stornierungen oder Umbuchungen für die Reisezeile an der türkischen Riviera seien nicht verzeichnet worden.

Ähnlich verfährt der Reiseanbieter Tui. „Bis 31. Juli können Istanbul-Reisende stornieren und umbuchen“, sagt Mario Köpers, Sprecher von Tui Deutschland. Für andere Türkei-Ziele können dagegen nicht so verfahren werden, zumal die diesjährige Anschlagserie Ankara und Istanbul und nicht die südlichen Reiseziele an der Riviera betroffen haben. Wie groß der Buchungsrückgang im ersten Quartal bei Tui gewesen sei, könne er nicht sagen. „Der Markt spricht von bis zu 40 Prozent“, so Mario Köpers. Allerdings gab es im zweiten Quartal Hoffnung, dass die Zahl der Buchungen wieder nach oben geht. „Damit wird es jetzt sicher nichts“, so der Sprecher. Allerdings sei Tui von der Angebotspalette so breit aufgestellt, dass die „finanziellen Einbußen abgefedert werden können“.

Kulanz zeigt auch Türkeispezialist Öger Tours, der seit 2010 eine Marke der Thomas Cook GmbH ist. „Die Sicherheit unserer Gäste hat für uns oberste Priorität. Deshalb sind wir permanent in Kontakt mit den deutschen und den türkischen Behörden und richten uns strikt nach den Empfehlungen des Auswärtigen Amtes“, heißt es in einer offiziellen Pressemitteilung. Für Städtereisen nach Istanbul werden kostenlose Umbuchungen und Stornierungen bis zum 31. Juli angeboten. In Istanbul habe Öger Tours derzeit eh nur wenige Gäste, die alle wohlauf seien. Die Hauptziele in der Türkei liegen zudem an der Riviera, gefolgt von den Badeorten an der Ägäis. Und dort gebe es keinerlei Zwischenfälle. Der Sicherheitshinweis des Auswärtigen Amtes besteht somit unverändert, er wurde lediglich um die aktuellen Ereignisse in Istanbul ergänzt.

Telefonisch waren gestern keine Verantwortlichen von Turkish Airlines zu erreichen. Allerdings bietet die Fluggesellschaft auf ihrer Homepage Sonderregelungen aufgrund der aktuellen Ereignisse in Istanbul an. Sie gelten für alle Passagiere, die bis zum 5. Juli 2016 auf Turkish Airlines Flügen von und ab/nach/über Istanbul Atatürk Airport oder nach Sabiha Gökcen Airport gebucht sind und sich bis zum 31. Juli bei Turkish Airlines respektive bei ihren Reisebüros melden. Möglich sind Umbuchungen oder Änderungen der Route. Dies ist bei Turkish Airlines ohne Gebühr in der gleichen Kabine möglich. Außerdem werden nicht in Anspruch genommene Flugtickets ohne Gebühr erstattet. Bei bereits teilweise in Anspruch genommenen Flugtickets werden die unbenutzten Flüge erstattet. Die Gültigkeit des Tickets kann bis einschließlich 31. Juli 2016 ohne Gebühr oder Aufzahlung bei Turkish Airlines verlängert werden.

Auch SunExpress (wurde 1989 als Tochtergesellschaft von Turkish Airlines und Lufthansa gegründet) bietet Direktflüge in die Türkei an. Auf den Anschlag reagiert das Unternehmen wie folgt: „Bei SunExpress gibt es derzeit nur ganz vereinzelt Anfragen zu Stornierungen für Reisen nach Istanbul. Da wir aber aus Westeuropa nicht direkt Istanbul anfliegen, sind wir davon weniger betroffen“, erklärt Maria Greiner, Pressesprecherin von SunExpress. Die Fluggesellschaft ist auf touristische Destinationen in der Türkei spezialisiert. „In den von uns aus Europa bedienten türkischen Zielen können wir - nach enger Abstimmung mit allen Behörden - davon ausgehen, dass die Sicherheitslage als unverändert eingeschätzt wird. Somit bieten wir derzeit keine kostenfreien Stornierungen oder Umbuchungen an“, so Pressesprecherin Greiner.