Auf dem Uff-Kirchhof gibt es jede Menge Gräber von Persönlichkeiten. Hier ein Blick auf die letzte Ruhestätte des Tüftlers Gottlieb Daimler. Foto: Nagel Quelle: Unbekannt

Von Uli Nagel

Die Bestattungskultur befindet sich im Wandel. Auch auf deutschen Friedhöfen gibt es neue Formen des Gedenkens und der Trauer. Stuttgart hat 2014 für einen Trend ihre Friedhofssatzung entsprechend geändert. Seitdem können Besucher auf dem Waldfriedhof per QR-Code mehr über die dort beerdigten prominenten Bürger der Stadt erfahren. Ein Service, den sich die CDU auch auf den Cannstatter Friedhöfen gut vorstellen könnten.

„Wandlungsschub“ nennt Oliver Wirthmann, Geschäftsführer des Kuratoriums Deutsche Bestattungskultur, die Entwicklung der vergangenen Jahre. „Die gewachsene Vielfalt unterschiedlicher Angebote von Bestattungsformen eröffnet individuelle Wahlmöglichkeiten, die nicht selten von den überlieferten Traditionen abweichen“, so der Geschäftsführer. Getrauert werde heute nicht mehr nur konkret in Tränen und emotionaler Ergriffenheit, sondern auch im Internet. QR-Codes auf Grabsteinen können auf die Lebensgeschichte des Verstorbenen im virtuellen Raum verweisen und erhalten zugleich einen konkreten Ort der Trauer an einem Grab. „Hier gehen neue Trends und gewachsene Formen der Trauer am Grab eine gute Verbindung ein“, ist sich Wirthmann sicher.

Diese Entwicklungen machen auch nicht vor Stuttgarts Friedhöfen halt. Hier gibt es immerhin knapp 100 Ehrengräber für verdiente Persönlichkeiten, dazu weitere rund 800 Gräber, die von der Stadt als erhaltenswert eingestuft wurden. Doch wer die Menschen sind, die in diesen prominenten Grabstätten beerdigt wurden, bleibt dem Besucher oft verborgen.

Zumindest auf dem Waldfriedhof hat sich dies Ende 2014 geändert. Denn nachdem die Stadtverwaltung ihre Friedhofssatzung entsprechend geändert hatte, wurden an einigen Plätzen so genannte QR-Codes angebracht. Wer eine entsprechende App auf seinem Smartphone installiert hat, kann seitdem direkt vor Ort die QR-Codes einscannen und dadurch die Geschichten erforschen, die sich hinter 26 ausgewählten Grabmälern verbergen. Die schwarz-weißen Pixelmuster kleben als Sticker auf zwölf auf dem Friedhof verteilten Hinweistafeln. Eine Internetverbindung vorausgesetzt, leitet der QR-Code auf eine Webseite um, wo man sich mit wenigen Klicks zu den jeweiligen Infos navigieren kann. Wissenswertes zu erfahren, gibt es unter anderem über die Politiker Theodor Heuss und Arnulf Klett, die Künstler Adolf Hölzel und Oskar Schlemmer oder die Industriellen Robert Bosch und Gottlob Bauknecht. Die Zielsetzung ist klar: „Wir wollen eine breitere Bevölkerungsschicht für unsere Friedhöfe und ihre Historie interessieren“, sagte damals Volker Schirner, der Leiter des Garten-, Friedhofs- und Forstamts.

Wer möchte, kann sich die Texte sogar vorlesen lassen. Dann ertönt aus dem Smartphone die wohlklingende Stimme des bekannten deutschen Schauspielers Hans-Jürgen Schatz („Der Fahnder“).

Die Cannstatter CDU ist jetzt der Meinung, dass sich auch die Cannstatter Friedhöfe dafür eignen würden, mit QR-Codes ausgestattet zu werden. „Dies ist - wenn die Angehörigen einverstanden sind - eine gute Möglichkeit, die Verdienste herausragender Persönlichkeiten einer Stadt zu kommunizieren“, heißt es in einem Antrag. Allein auf dem Uff-Kirchhof wurden sehr viele beerdigt. Die Erfinder und Autobauer Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach, Bildhauer Emil Kiemlen, der Dichter Ferdinand Freiligrath oder etwa der Arzt Jakob von Heine und der Schauspieler Oskar Heiler.

Etliche Persönlichkeiten haben auch auf dem ältesten Stuttgarter Friedhof, dem Steigfriedhof, ihre letzte Ruhestätte gefunden. Etwa Cannstatts Heimatforscher Erwin Hageloh, Rundfunkmoderator Albert Hofele, Schauspielerin Helga Feddersen, Maler Hermann Metzger, Schriftsteller Thaddäus Troll oder Oskar von Nast, Cannstatts letzter Oberbürgermeister vor der Vereinigung mit Stuttgart im Jahr 1905.

Information

Die QR-Codes auf dem Waldfriedhof sind Teil des bundesweiten Leitsystems „Wo sie ruhen - berühmte Grabstätten auf historischen Friedhöfen in Deutschland“. Die Online-Plattform beinhaltet Texte und Bilder zu rund 1000 Gräbern auf 37 Friedhöfen in 16 Bundesländern. Die Informationen lassen sich entweder zuhause am Computer abrufen oder unterwegs mit jedem internetfähigen Mobilgerät. Trägerin des Projekts ist die Stiftung Historische Kirchhöfe und Friedhöfe in Berlin-Brandenburg, die Finanzierung der Gesamtkosten von 550 000 Euro erfolgte aus Fördermitteln des Bundes.