Fahrgäste, die zu ihrer Stadtbahn hetzen, sind ein tägliches Szenario an den Haltestellen. Dabei kommt die Vorsicht vor einem herannahenden Zug oftmals zu kurz. Straßenbahnfahrer können zwar Notbremsen einlegen, doch hat das tonnenschwere Fahrzeug einen langen Bremsweg. Zudem sind Stadtbahnen heute leise. Im vergangenen Jahr gab es zehn Unfälle, bei denen Menschen von Stadtbahnen erfasst wurden. Zwei endeten tödlich.

Von Erdem Gökalp

Bereits Anfang November ereignete sich ein Unfall zwischen Stadtbahn und Fußgänger am Berliner Platz, bei dem dieser schwer verletzt wurde. Der 26-jährige Betroffene hat trotz aktivem Blinklicht den Versuch unternommen, die Stadtbahngleise zu überqueren, um seine Bahn zu erwischen. Zu seinem Unglück übersah er eine anfahrende Stadtbahn. Trotz Klingelzeichen und Gefahrenbremse wurde er von dem Zug erfasst und zog sich schwere Verletzungen am Kopf zu.

Was ebenfalls ein Problem darstellt, ist das sorglose und oftmals sogar grob fahrlässige Verhalten der Fahrgäste, die auf einer Haltestelle auf den herannahenden Zug warten. Mitte September stolperte ein angetrunkener Fußgänger an der Haltestelle Mineralbäder in das Gleisbett im Fußgängerüberweg und blieb bewusstlos liegen. Er hatte großes Glück, dass die Stadtbahn sich noch in weiter Entfernung und der Fahrer rechtzeitig bremsen konnte. Passanten zogen den Mann unverletzt vom Gleis.

Allein im letzten Jahr haben insgesamt zehn Unfälle mit Fußgängern und Stadtbahnen in der Landeshauptstadt stattgefunden. Dabei sind zwei Menschen ums Leben gekommen. Vor allem dort, wo die Stadtbahn keinen eigenen Gleiskörper hat, sondern in die Straßen integriert ist, besteht Unfallgefahr. Die Schnittstellen mit Fahrzeugen und Fußgängern sind in etwa durch Springlichter genau reguliert, doch oft entstehen Gefahren durch nachlässige Fußgänger.

Stadtbahn hat immer Vorfahrt

Wichtig ist: die Bahn hat immer Vorfahrt. Eilige Passanten räumen ihnen dieses Recht nicht immer ein. Laut polizeilicher Unfallstatistik ist bei Fußgängern Eile und Ablenkung die Haupt-Unfallursache. Zudem ist die Stadtbahn leise und schnell und kann daher leicht überhört werden. Aus diesem Grund besteht Gefahr, wenn Fußgänger Kopfhörer im Ohr haben.

Die SSB-Fahrer verlassen sich nicht ausschließlich auf das Anspringen der Springlichter. „Unsere Fahrer werden speziell in Übungsszenarien und im Simulator auf Gefahrensituationen vorbereitet“, sagt Birte Schaper, Pressesprecherin der SSB. Dennoch wird ihre Arbeit dadurch erschwert, dass Fußgänger beispielsweise den verhältnismäßig langen Bremsweg der 50-Tonnen-Transporter nicht beachten und darauf vertrauen, dass der Fahrer abbremst.

Wenn ein unachtsamer Fußgänger eine Gefahrenbremsumg provoziert, kann es teuer für ihn werden. „Für den Fall, dass durch die Bremsung ein Insasse stürzt und verletzt wird, kann es zu einem strafrechtlichen Verfahren für den Verursacher kommen“, so Gerald Kromer vom Amt für öffentliche Ordnung. Auch von Abkürzungen ist abzuraten. Bis zu 100 Euro Bußgeld fällt an, wenn Fußgänger die Gleise auf freier Strecke ohne Überweg überqueren.

Eine weitere Maßnahme, um Fußgänger zu mehr Achtsamkeit im Bahnverkehr zu bewegen sind die Z-Überwege. „Diese sind so angelegt, dass Fußgänger automatisch in Fahrtrichtung der herannahenden Stadtbahn schauen müssen“ sagt Schaper.

Neben Fußgängern verursachen natürlich Jahr für Jahr auch viele unachtsame Autofahrer Unfälle mit SSB-Zügen. Denn rund 82 Prozent der Zusammenstöße werden nicht vom Bahnfahrer, sondern von anderen Fahrzeugführern verursacht. Unbedachte Wendemanöver und das Nicht-Beachten der Vorfahrt bei Lichtzeichenanlagen sorgen jedes Jahr für Kollisionen.

Fußgängern empfiehlt die Polizei vor allem den Grundsatz „Eile mit Weile“. Die Bahnen kommen tagsüber im Zehn-Minuten-Takt. Auch wenn die Bahn verpasst wird, lohnt es sich mehr auf die Nächste zu warten, als das eigene Leben zu riskieren, indem man auf den letzten Drücker losrennt.