In etlichen Bereichen wirkt der Belag der Marktstraße ungepflegt und abgenutzt. Kein Wunder, hat er doch gut 30 Jahre auf dem Buckel. Foto: Nagel Quelle: Unbekannt

Von Uli Nagel

Während die Stadt für die Verschönerung des Marktplatzes vor dem Stuttgarter Rathaus gut fünf Millionen Euro locker machen will, „bröckelt es massiv in der Cannstatter Altstadt“. So jedenfalls die Meinung des Gewerbe- und Handelsvereins. Dessen Vorsitzende Angelika Grupp hat deshalb einen offenen Brief an OB Fritz Kuhn geschickt, indem sie daran erinnert, dass vor allem für die Marktstraße Handlungsbedarf besteht.

Oben hui - unten pfui. So schön die historische Altstadt mit ihren Giebelfronten auch sein mag, der Zahn der Zeit hat an ihr genagt. Offenkundig wird das am Belag. Der hat größtenteils mehr als drei Jahrzehnte auf dem Buckel und gleicht seit 2009 einem Flickenteppich. Warum? Ein Jahr zuvor musste die EnBW die Leitungen im Bereich Erbsenbrunnen bis vor zum Thaddäus-Troll-Platz, die rund 100 Jahre alt waren, erneuern. Doch dabei ging nicht alles reibungslos über die Bühne und die Bautrupps mussten wegen Mängel an einigen Stellen ein zweitens Mal anrücken. Das Resultat: An vielen Stellen gleicht der Belag einem Flickenteppich - schön sieht anders aus.

Grund genug für den Bezirksbeirat Bad Cannstatt damals, sich für einen neuen Belag einzusetzen. Erste Kostenschätzungen ergaben rund 300 000 Euro, allerdings ohne die angrenzenden Gassen. Getan hat sich nichts. 2011 erneuerte das Bürgergremium deshalb seine Forderung und setze das Thema für die Haushaltsberatungen ganz oben auf seinen Wunschzettel. Doch wieder gab‘s kein Geld für eine Belagskosmetik, immerhin wurden jedoch Mülleimer, Bänke und Lampen erneuert.

Jetzt unternimmt der GHV einen Anlauf. Hintergrund ist die Entwicklung beim Stuttgarter Marktplatz. Noch in diesem Jahr will die Verwaltung Umgestaltungs- und Sanierungspläne konkretisieren und dem Gemeinderat zum Beschluss vorlegen. Sollten die Mittel bereitgestellt werden, könnte der Marktplatz bereits 2019/2020 saniert werden. Die Kosten: fünf Millionen Euro.

„Wir Cannstatter gratulieren dem Wohnzimmer der Landeshauptstadt herzlichst dazu - allerdings mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, schreibt GHV-Chefin Angelika Grupp in einem Brief an OB Fritz Kuhn. Denn während der Stuttgarter Marktplatz ein einheitliches Gestaltungskonzept erhalte, warten die Bewohner des ältesten und größten Stadtbezirks seit Jahren auf eine umfassende Neugestaltung der Marktstraße. Diese beinhalte sowohl den Belag wie auch ein einheitliches Beleuchtungskonzept. „Bis heute ist leider nur die Seelbergstraße baulich verändert worden“, erinnert Grupp. Der Wettbewerb für das beschlossene kostengünstige Gesamtkonzept der Sanierung der Altstadt/Marktstraße wurde jedoch nicht ausgeschrieben; doch auch dies wurde in der Bezirksbeiratssitzung vom 11. Juni 2008 einstimmig verabschiedet.

Während der Marktplatz in Stuttgart nun aufgehübscht werden soll, bröckelt es in Bad Cannstatts Altstadt massiv. „Ein Wirtschaftsstandort wie dieser kann aber nur erhalten werden, wenn die Rahmenbedingungen für Bürger wie Händler attraktiv sind“, so Grupp. Da schon die Parksituation unerfreulich sei, müsse laut GHV zwingend mit der Optik eine Wohlfühlatmosphäre geschaffen werden, die es in naher Zukunft wieder ermöglicht, Einfluss auf den Branchenmix in der Altstadt auszuüben. „Wir können und wollen nicht akzeptieren, dass Stuttgarts einziges B-Zentrum herunter gewirtschaftet wird - insbesondere jetzt, da im Rahmen unserer Zukunftswerkstatt Ideen und Konzepte für ein für Bürger wie Unternehmen attraktives Bad Cannstatt im Jahre 2030 entwickelt werden.“ Der GHV fordert deshalb eine zügige Bearbeitung des Antrags aus dem Jahr 2008.