Der Mahle-Konzern ist der letzte Vertreter einer ruhmreichen Industrieepoche entlang der Pragstraße. Das Bild zeigt den Verwaltungsbau, der im Jahr 2002 eingeweiht wurde. Er war die letzte große Erweiterung des Unternehmens an seinem Stammsitz. Foto: Mahle GmbH Quelle: Unbekannt

Von Uli Nagel

Der Mahlekonzern, weltweit an 170 Standorten präsent, will seinen Stammsitz an der Pragstraße im großen Stil ausbauen. Aus diesem Grund wurde das benachbarte Eckardt-Gelände gekauft. Nach dem Abriss des traditionsreichen Industriebaus soll hier und auf weiteren Flächen in der Quellenstraße ein moderner Verwaltungskomplex entstehen. Baubeginn könnte frühestens Anfang 2017 sein.

Die Firma Mahle, deren Erfolgsgeschichte 1920 in Bad Cannstatt begann, ist heute mit rund 75 000 Mitarbeitern einer der 20 größten Automobilzulieferer der Welt - Tendenz steigend. Lag der Umsatz im Jahr 2014 noch bei 9,942 Milliarden Euro, so erzielte der Konzern bereits im ersten Halbjahr 2015 einen Umsatz von 5,53 Milliarden Euro und damit eine Steigerung um 12,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. „Mit diesem Halbjahresergebnis haben wir unsere eigenen Erwartungen übertroffen“, sagte Wolf-Henning Scheider, Vorsitzender der Mahle Konzern-Geschäftsführung, im September vergangenen Jahres. Für das Gesamtjahr erwarte er ein Wachstum von etwa 15 Prozent auf etwa 11,4 bis 11,6 Milliarden Euro. „Unsere Weichenstellungen zahlen sich aus“, so Scheider vor einem halben Jahr.

Zu den Weichenstellungen gehört offenbar auch die Tatsache, dass das Unternehmen in seinen Strammsitz in Bad Cannstatt investieren will. Der Grund: Wegen der Unternehmenszukäufe der vergangenen Jahre - beispielsweise kamen Behr, Delphi Thermal und Letrika hinzu - mussten externe Büroflächen im Stadtgebiet für fast 700 Mitarbeiter angemietet werden. Zudem wurde die Belegung der bestehenden Gebäude erhöht, um den Flächenbedarf am Standort Stuttgart abzudecken. Neben den Mietkosten auch verwaltungstechnisch für den Konzern nicht optimal. „Unser Ziel ist es, dass möglichst viele Arbeitsplätze von den angemieteten Flächen zurück in zusammenhängende Mahle-Gebäude integriert werden können“, sagt eine Unternehmenssprecherin. Deshalb habe der Konzern in einem ersten Schritt das angrenzende Eckardt-Gelände erworben. Zudem soll zusätzlich das Epple-Areal in der Quellestraße sowie ein weiteres angrenzendes Grundstück gekauft werden.

Während die Kaufverhandlungen mit der Stadt Stuttgart für beide Objekte noch nicht abgeschlossen sind, macht der Konzern beim Eckardt-Gelände bereits Nägel mit Köpfen. Da eine Sanierung der zum Teil sehr maroden Gebäude wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, werden sie abgerissen und durch moderne Neubauten ersetzt. Das Genehmigungsverfahren zum Abbau ist bereits eingeleitet, allerdings rechne das Unternehmen frühestens im Frühjahr 2017 mit einem Baubeginn. In den nächsten Wochen sollen mehrere Architekturbüros Vorschläge für die Bebauung und Nutzung der neuen Flächen in Form eines Campus-Konzepts erarbeiten. Für die Realisierung der Neubauplanung wurde konzernintern ein Projektteam gebildet. Über das Investitionsvolumen wollte die Konzernspitze zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts sagen. Mit Sicherheit jedoch dürfte es ein höherer zweistelliger Millionenbetrag werden, wenn man weiß, dass die letzte große Standorterweiterung Anfang des neuen Jahrtausends mit damals 40 Millionen Mark zu Buche schlug. Ein Großteil der Summe floss damals in den markanten Neubau an der Pragstraße, der im November 2002 eingeweiht wurde. Seitdem bietet er Platz für gut 120 Verwaltungsmitarbeiter und die Geschäftsführung. Der Neubau war nötig geworden, da das Unternehmen mehr Platz für Forschung, Entwicklung und Konstruktion benötigte.

Durch den Kauf durch Mahle endet jedoch nicht die Geschichte eines so traditionsreichen Unternehmens wie Eckardt-Foxboro (siehe Anhang). Nach der Übernahme sucht der neue Besitzer, der französische Elektrotechnikkonzern Schneider Electric, nach einem neuen Standort - wenn möglich auf Stuttgarter Gemarkung. Wobei der Verkauf des Geländes samt Gebäuden schon kurz nach der Übernahme des Invensys-Konzern auf der Agenda der Franzosen stand. Denn die zeigten sich von dem alten, maroden Gebäude, in dem ihre „High-Tech-Produkte“ hergestellt werden, gar nicht angetan.

1873 wurde die Firma Eckardt gegründet

Die Pragstraße stand einst für die Wirtschaftskraft des Neckartals und gab Tausenden von Menschen im Produktionssektor Arbeit. Klangvolle Namen wie Fortuna, SKF und Wizemann sind jedoch Geschichte, denn in den 80er- und Anfang der 90er-Jahre erreichte der Niedergang von Stuttgarts ruhmreicher Industriemeile ihren traurigen Höhepunkt mit einem Kahlschlag an Arbeitsplätzen. Mehr als 25 Jahre später ist der Wandel an der Pragstraße von einem Produktions- zu einem Dienstleistungsstandort vollzogen - fast. Der Mahle-Konzern hält als Global-Player die Fahne einer ruhmreichen Cannstatter Epoche nach wie vor empor; und bis vor wenigen Monaten galt das auch für den Namen Eckardt. Die Firma feierte 2013 ihren 140. Geburtstag, denn sie wurde im Jahr 1873 von Johann Carl Eckardt als die „Erste Süddeutsche Manometer-Fabrik“ gegründet. In ihrer Hochphase arbeiteten fast 2000 Menschen, im Jubiläumsjahr waren es nur noch etwa 90, wobei Eckardt seit 1993 noch den Namen Foxboro im Portfolio trug. Denn damals wurde die Firma in die britische Siebe-Unternehmensgruppe eingegliedert. 1999 entstand durch den Zusammenschluss von Siebe und BTR mit Invensys einer der weltweit größten Konzerne für Automatisierungstechnik. Der Medienwirbel war damals groß, da der Zusammenschluss - wie so oft - mit einem Stellenabbau verbunden war. Vertreter der IG Metall waren Stammgast in der alten Eckardt-Kantinenbaracke in der Quellestraße. Höhepunkt war 2000, als mit der ersten „virtuellen Protestaktion“ der komplette Invensys-Konzern per Email „lahm“ gelegt wurde. Das ist längst Geschichte und die Firma Foxboro Eckardt GmbH arbeitete in den folgenden Jahren sehr erfolgreich. Sie war in Deutschland das wichtigste Standbein des Invensys-Konzern, der 2013 als Global Player immerhin in gut 60 Ländern tätig war und damals gut 33 000 Mitarbeiter beschäftigt. Die Cannstatter gehörten weltweit zu den Top Drei, wenn es um die Herstellung von Messgeräten und Transmittern geht. Damit lassen sich Druck und Füllstand beispielsweise bei Tankanlagen überprüfen. Doch Invensys geriet immer wieder in wirtschaftliche Schwierigkeiten und musste zwischen 1999 und 2004 restrukturiert werden, um Kosten zu kürzen und um Umsatzrückgang und übermäßige Verschuldung auszugleichen. Nur durch ein Veräußerungsprogramm und eine 2,7-Milliarden-Pfund-Umschuldung im Jahr 2004 konnte das Unternehmen saniert werden (Quelle: Wikipedia). Im Frühjahr 2012 kam es im Rahmen von Lieferverzögerungen von Kontrollsystemen für chinesische Kernreaktoren erneut zu Schwierigkeiten, die zu einem rapide Sturz des Aktienkurses führten. In der Folge wurde der Bereich Invensys Rail (Kontroll- und Signalsysteme für den Schienentransport) 2012 für 1,742 Milliarden Britische Pfund an Siemens verkauft. Der französische Elektrotechnikkonzern Schneider Electric erwarb 2013 das restliche Unternehmen - darunter Foxbor-Eckardt - durch ein öffentliches Übernahmeangebot für einen Gesamtwert von vier Milliarden Euro. Schneider Electric ist ein börsennotierter Elektrotechnik-Konzern, der in den Gebieten elektrische Energieverteilung und industrielle Automation tätig ist. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Rueil-Malmaison bei Paris und ist in 190 Ländern vertreten.

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Vorsitzender der

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