Hantaviren werden über Rötelmäuse verbreitet. Jedes Jahr infizieren sich zahlreiche Menschen am Staub von Kot oder Urin der befallenen Nagetiere. Foto: CZ-Archiv Quelle: Unbekannt

Die Gesundheitsbehörden schlagen Alarm: Der Hantavirus verbreitet sich derzeit wieder verstärkt. Übertragen wird er durch den Kot vor allem von Nagetieren, insbesondere der Rötelmaus, die sich bevorzugt in Buchenwäldern aufhält. Das Landesgesundheitsamt rechnet in diesem Jahr mit stark steigenden Zahlen an Hantavirus-Fällen. Fünf sind in Stuttgart in diesem Jahr bereits bekannt geworden.

Von Iris Frey

Der Drittligist VfR Aalen zählte noch nie zum Nabel der Fußballwelt. Doch 2012 sorgte der Verein von der Ost-Alb wochenlang und bundesweit für Schlagzeilen. Denn ihr damaliger Trainer Ralph Hasenhüttl, der heute als Coach des Bundesliga-Aufsteigers RB Leipzig in die Champions-Legaue stürmt, erkrankte damals so heftig am Hantavirus, dass es sogar fraglich war, ob er jemals wieder gesund werden würde. Keine Frage, der Virus, gilt nach wie vor als tückisch.

In Baden-Württemberg erkranken 2017 immer mehr Menschen am Hantavirus. Von Januar bis April seien laut Landesgesundheitsamt bisher 108 Fälle gemeldet worden, sagte eine Sprecherin der Behörde. Das seien 95 Fälle mehr als im Vorjahreszeitraum. Im vergangenen Jahr habe es dagegen insgesamt „nur“ 84 Erkrankungen gegeben. „Die aktuellen Fallzahlen sprechen für eine erhöhte Hantavirus-Aktivität“, so die Einschätzung der Expertin. Auch bundesweit haben die Erkrankungen im Vergleich zum Vorjahr zugenommen. Zwischen Januar und Mitte März sind nach Angaben des Robert-Koch-Instituts 136 Fälle, im vergangenen waren es im Vergleichszeitraum nur 38.

Für Baden-Württemberg rechnen Experten derzeit mit mehr als 2400 Erkrankungen in diesem Jahr. Grund für die hohen Zahlen ist laut Landesgesundheitsamt der gute Ertrag der Buchen in den Wäldern im vergangenen Jahr. Dadurch habe es viele Bucheckern gegeben, die vor allem der Rötelmaus als Nahrung dienten. Im bundesweiten Vergleich gehört Baden-Württemberg zu den Ländern mit den meisten Fallzahlen.

Auch in der Landeshauptstadt nehmen die Zahlen zu. 2005 gab es acht Hantavirus-Fälle, zwei Jahre später waren es bereits 28. Sorgenfalten gab es bei den Behörden erstmals 2012, als insgesamt 191 Fälle in Stuttgart registriert wurden. Und in diesem Jahr? Bislang sind fünf Krankheitsfälle bekannt, wobei Danijela Gumhalter vom Gesundheitsamt Stuttgart mit einem erhöhten Auftreten dieser meldepflichtigen Krankheit rechnet.

Um sich zu schützen, sollten Menschen vor allem in Gebieten mit viel Buchenwald den Kontakt mit Ausscheidungen von Nagern vermeiden - beispielsweise bei Holzarbeiten in Wald und Garten und bei der Reinigung von Kellern, Schuppen, Scheunen und Ställen. Risikoreich seien zudem Aktivitäten im Freien, die zum Kontakt mit Nagern und/oder deren Ausscheidungen führen kann.

Auch beim Aufräumen und Reinigen der Gartenhütte empfiehlt das Landesgesundheitsamt, Mundschutz und Handschuhe zu tragen und die Hände gut zu waschen, weil der Übeträger im Kot der Mäuse zu finden ist. Die Gefahr der Ansteckung dauert noch bis in den Herbst an. Stuttgart verfügt laut Regierungspräsidium über einen Buchenanteil von 7,5 Prozent, das liege im mittleren Bereich. Als Risikozonen gelten vor allem die südlichen und westlichen Stadtbezirke.

Fakten und zahlen zu dem Virus

Ursprung: Der Name leitet sich vom koreanischen Grenzfluss Hantan ab. Dort erkrankten während des Koreakrieges Anfang der fünfziger Jahre mehr als 3000 Soldaten an einem schweren, zu Blutungen führenden Fieber. Das Virus wurde erstmals im Jahr 1977 isoliert.

Symptome: Wer über einen Zeitraum von mehr als drei Tagen grippe-ähnliche Symptome mit hohem Fieber über 38 Grad aufweist, dabei Kopf-, Bauch- und Rückenschmerzen, Schüttelfrost, Übelkeit und eventuell eine Bindehautentzündung beobachtet, könnte sich mit dem Hantavirus vom Typ Puumala angesteckt haben. Auch Blut im Urin kann ein Symptom für eine Hantavirus-Infektion darstellen.

Krankheitsverlauf: Der überwiegende Teil der Virusinfektionen verläuft unbemerkt, das heißt der Krankheitsverlauf ist asymptomatisch oder so leicht, dass die Infektion dem Betroffenen gar nicht auffällt. Ein schwerer Verlauf, das sind Erkrankungen mit ausgeprägten Symptomen, wird unter dem Begriff „Hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom“ (HFRS) zusammengefasst: Das bedeutet im schlimmsten Fall, dass die Nierenfunktion gestört ist oder die Nieren akut versagen. Außerdem ist die Leber vergrößert. In Ausnahmefällen kann es zu einer lebensbedrohlichen Blutungsneigung kommen.

Übertragung von Hantaviren: Ein gehäuftes Auftreten von Hantavirus-Infektionen steht meist in Zusammenhang mit einer starken Vermehrung von Nagetieren. Die natürlichen Wirte der Hantaviren sind Mäuse und Ratten. Die Viren werden von infizierten Mäusen über Speichel, Urin und Kot ausgeschieden. Als Hauptüberträger kommen in Mitteleuropa die Rötelmaus, Brandmaus und Wanderratte vor. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch oder eine Ansteckung über Haustiere und Insekten findet wahrscheinlich nicht statt. Das Puumalavirus breitet sich immer dann aus, wenn die Zahl der Rötelmäuse ansteigt - das ist der Fall, wenn es reichlich Nahrung gibt.

Gefährdung: Als besonders gefährdet gelten Personen, die sich viel im Freien aufhalten, etwa Förster, Waldarbeiter, Landwirte, Pilze- und Beerensammler, aber auch Gäste und Besitzer von waldnahen Ferienwohnungen, die längere Zeit leer gestanden haben. Da das Virus über Urin und Kot übertragen wird, kann getrockneter staubiger Kot, der beim Fegen aufgewirbelt wird, in die Atemwege kommen. Das gleiche kann passieren, wenn man Holz einsammelt oder spaltet oder Schuppen, Garagen und Kellerräume reinigt, in die sich die kleinen Nager mit dem rötlichen Fell eingenistet haben. (Quelle: gesundheit.de)

Weitere Informationen gibt es unter www.rki.de oder www.hanta-vorhersage.de