Von Edgar Rehberger

Zum dritten Mal wird die Aktionswoche „Sicher zu Fuß zur Schule“ durchgeführt, bei der Kinder fit gemacht werden sollen, ihren Schulweg allein zu meistern. Elterntaxis sollen ausgebremst und Helikoptereltern animiert werden, ihrem Nachwuchs Verantwortung für ihr Handeln zu übertragen. „Kinder können lernen, mit dem Verkehr umzugehen“, berichtet Ulrike Brittinger, Leiterin des Staatlichen Schulamts, „auf dem Schulweg kann man so viel erleben.“

Auslöser der Aktion, ein Gemeinschaftsprojekt der Stadt Stuttgart, des Polizeipräsidiums, des Staatlichen Schulamtes und des Fördervereins Sicheres und Sauberes Stuttgart, war ein Brandbrief von Ralf Hermann, dem Rektor der Schillerschule. Er kritisierte das rigorose Verhalten der Eltern mit ihren Fahrzeugen vor der Schule, das nahtlos bis zum Stören des Unterrichts weiterging. „Der Fußweg ist besonders wichtig. Er ist sicher, gesund und spannend“, ist Brittinger überzeugt. Man treffe andere Schulkinder. „Der Schulweg wird zum Lernweg.“ Den Nachwuchs mit dem Auto quasi bettwarm vor der Schule abzuliefern - „damit tut man den Kindern keinen Gefallen.“ Man gefährde andere Kinder.

Davon kann die Altenburgschule ein Lied singen. Eine Lehrerin hatte vor der Schule Körperkontakt mit einem Auto, ein Mädchen konnte gerade noch vor einem vorbeirasenden Fahrzeug zurückgezogen werden. Und auch die seit Dezember aktiven Schülerlotsen hatten zwei unliebsame und beängstigende Erlebnisse. Daher lässt auch Alexander Böhle, der Elternbeiratsvorsitzende der Altenburgschule das Argument vom sicheren Schulweg nur bedingt gelten. „Es gab mehrfache Gefährdungen auf der zweispurigen Straße, die keinen Zebrastreifen aufweist.“ Die installierte Gehwegnase sei sehr hilfreich. Das Anbringen einer zweiten wird gerade von der Verwaltung geprüft. Ein Zebrastreifen sei vor der Schule nicht möglich. „Die erforderlichen Richtlinie werden nicht erfüllt“, begründet Dorothea Koller, Leiterin des Amtes für öffentliche Ordnung. Das Aufkommen von Fahrzeugen und Passanten reiche nicht aus. „Darüber können wir uns nicht hinwegsetzen.“ Würde dann etwas Passieren, könne das Amt belangt werden. Doch die schönsten Verkehrsregelungen würden nichts nutzen, wenn sie nicht beachtet werden.

Deshalb ist ein wichtiges Anliegen, die Eltern zu sensibiliseren. „Wir appellieren immer wieder an die Eltern, Vertrauen in ihre Kinder zu setzen“, sagt Kathrin Grix, die Vorsitzende des Gesamtelternbeirates in Stuttgart. Damit stärke man das Kind. „Für das Kind ist es der Beweis: Ich bin jetzt ein Schulkind.“ Dies sei ein wichtiger Entwicklungsschritt. Andrerseits müssen sich auch Eltern an Verkehrsregeln halten. „Es sind viele Mosaiksteine nötig, damit sich etwas ändert“, fasste Katrin Steinhülb-Joos, die Leiterin der Altenburgschule, zusammen. „Es hat sich schon viel getan, aber noch nicht genug.“

Zahlen, Daten, Fakten

In diesem Jahr haben sich 6097 Schülerinnen und Schüler aus 21 Schulen in 271 Klassen zur einer der beiden möglichen Aktionswochen angemeldet. Die erste Aktionswoche läuft noch diese Woche, die zweite vom 8 bis 12. Mai. Schulen oder einzelne Klassen können sich noch anmelden. Infos gibt es bei Ulrich Haas vom Staatlichen Schulamt, E-Mail ulrich.haas@schulamt.s.schule-bw.de, bei Hermann Volkert vom Polizeipräsidium, E-Mail pp.praevention@polizei.bwl.de. Der Flyer steht als Download unter www.stuttgart.de, Stichwort „Zu Fuß zur Schule“ zur Verfügung.

1980 gingen noch 90 Prozent der Stuttgarter Schüler zu Fuß zur Schule. 2010 waren es noch 50 Prozent. Heute sind es noch weniger. Die Zahl der Unfälle mit Kinderbeteiligung ging von 2015 auf 2016 um sechs Prozent zurück. 94 Unfälle mit Kinder im Alter bis 13 Jahren wurden 2016 registriert. Bei den Schulwegunfällen (Schüler im Alter von 6 bis 17 Jahren) wurde ein Rückgang um 24 Prozent verzeichnet. Insgesamt gab es im Vorjahr 19 Unfälle.