Nach Meinung der Bürger bietet das Neckarknie Chancen, den Fluss erlebbarer zu machen. Quelle: Unbekannt

Von Uli Nagel

Wohin geht die Reise für Stuttgarts größten Stadtbezirk in den nächsten Jahren? Die Veranstaltungsreihe „Zukunft Bad Cannstatt“, die Ende 2015, Anfang 2016 an vier Abenden im Kursaal so erfolgreich die Probleme analysiert hatte, geht in die zweite Runde. In verschiedenen Arbeitskreisen sollen bis zum Herbst zusammen mit Experten wie etwa Stadtplanern Lösungsansätze erarbeitet werden. Die ersten beiden beginnen am Donnerstag ihre Arbeit.

Städtische Wirtschaftsförderung, Bezirksamt, Volkshochschule, Gewerbe- und Handelsverein, natürlich die Kommunalpolitik sowie jede Menge Vereine, Einrichtungen und Institutionen - die Liste der Projektbeteiligten war lang, als man zum Jahresende hin viermal in den Großen Kursaal einlud, um dort über die Zukunft Bad Cannstatts zu referieren, analysieren und diskutieren. Unterstützt wurden die Initiatoren durch Experten aus den verschiedenen Bereichen; etwa Professorin Martina Baum vom Städtebauinstitut der Uni Stuttgart, Levent Günes von der Abteilung Integration im Stuttgarter Rathaus, Stefan Braun vom Fraunhofer Institut oder Stadthistoriker Olaf Schulze.

Doch was nützt der perfekte Rahmen, wenn der Bürger kein Interesse zeigt. Doch diese Sorge hatten sich die Projektsteuerer umsonst gemacht: An jedem Abend fanden sich mehr als 200 Interessierte im Kursaal ein. „Doch nicht nur die Quantität, auch die Qualität hat gestimmt“, erinnert sich Bezirksvorsteher Bernd Marcel-Löffler. Offenkundig wurde die vor allem am dritten Abend Anfang Dezember, als die Kursaal-Besucher zu später Stunde aufgefordert wurden, in fünf Themen-Workshops ihre Wünsche und Ziele zu formulieren.

Schnell wurde festgestellt, dass in vielen Bereichen - etwa Freizeit und Kultur - Bad Cannstatt schon heute gut aufgestellt ist. Jugendhaus, Bäder, Wilhelma oder Neckarpark. Dennoch war die Wunschliste lang: Café im Park, mehr Angebote für Kinder und Jugendliche oder Renaturierung des Neckarufers. Und siehe da, die Cannstatter möchten sogar wieder „ihr eigenes Kino“ haben.

Apropos Neckar: Der Name wurde für einige Themenbereiche genannt. So auch beim Städtebau, Wohnen am Fluss hat eben seinen Reiz, findet in Cannstatt - ausgenommen in der Neckarvorstadt - leider nicht statt. Über eines war man sich in der Städtebau-Gruppe einig: Die Altstadt benötigt dringend attraktivere Zugänge als heute und der Cannstatter Bahnhof einen schöneren Vorplatz. Bei der Mobilität standen die Themen Ausbau des Radwegenetzes und ÖPNV im Vordergrund, bei der Wirtschaft die Forderung nach mehr Arbeitsplätzen. Beim fünften Thema, der Bürgerschaft, waren sich die Teilnehmer ebenfalls einig, dass Bad Cannstatt allein schon durch sein reges und von Tradition geprägtes Vereinsleben gut aufgestellt ist. Allerdings wünschen sich hier viele einen aktiveren Austausch und eine bessere Zusammenarbeit untereinander.

„An diesem Abend wurde sehr konstruktiv gearbeitet, weshalb wir die Veranstaltung auch fortführen werden“, so Löffler. Denn nach der Problemanalyse sollen jetzt die Lösungsansätze in mehreren Arbeitskreisen herausgearbeitet werden. Den Start macht am kommenden Donnerstag auch der Arbeitskreis (AK) Städtebau und Mobilität. Planungsschwerpunkte, die in den AKs als so genannte Hot Spots (Neckarknie, der Wilhelms- und der Bahnhofsvorplatz oder der Ortseingang König-Karls-Brücke) artikuliert werden, stehen fest. Jetzt müssen Rahmenbedingungen festgelegt und Ziele definiert werden. Teilnehmen werden unter anderem mit Heinz Sonntag und Alexander Hemmrich auch zwei Experten vom Stadtplanungsamt. Das gleiche Vorgehen ist auch für den zweiten AK geplant, der sich an diesem Abend mit Arbeit und Wirtschaft im Stadtbezirk auseinandersetzt.

Insgesamt planen die Projektverantwortlichen bis Oktober mit neun Veranstaltungen, die alle im Verwaltungsgebäude stattfinden. Zudem gibt es für das Thema Städtebau und Verkehr einen Stadtspaziergang, bei dem die Probleme vor Ort unter die Lupe genommen werden sollen.

„Zusammen mit Fachleuten aus Wissenschaft, Technik, Stadtverwaltung wollen wir die ersten Schritte ins Konkrete wagen und zum Jahresende der Cannstatter Bürgerschaft viele neue Ideen und Vorschläge im Kursaal präsentieren“, sagt Bezirksvorsteher Löffler. Zum Abschluss soll Anfang 2017 eine hochrangig besetzte Runde aus Fachleuten und Entscheidungsträgern zu den Ergebnissen der Zukunftswerkstatt Stellung nehmen. Hoffentlich im positiven Sinn.