Der heutige Seelbergdurchlass ist eine knapp 200 Meter lange Röhre zum Fürchten - auch für Erwachsene. Fotos: Nagel Quelle: Unbekannt

Von Uli Nagel

Ein neuer Tunnel vom Neckarpark zum Seelberg kostet einen zweistelligen Millionenbetrag, weshalb die Stadt nur für die Umgestaltung des heutigen Durchlasses plädiert. Probleme gibt es jedoch an der Deckerstraße. Ein wartungsintensiver Aufzug ist zu teuer, weshalb hier keine 100-prozentige Barrierefreiheit realisiert werden kann. Ein Unding für den Bezirksbeirat Bad Cannstatt, die einem SPD-Antrag zustimmten und umgehend einen Bericht zu diesem wichtigen Thema fordern.

Die Unterführung, die von der Firma Degenkolben in zwei Etappen bis hin zur Deckerstraße/Höhe Marienbader Straße führt, wirkt wenig einladend. Finster und durch mehrere Richtungswechsel ist sie unübersichtlich und verströmt durch die offen liegenden Rohre und der tiefen Decken den Charme eines Maschinenraums. Eltern ist besonders in den dunklen Wintermonaten nicht wohl bei dem Gedanken an ihre Kinder, die sich vom Veielbrunnen aus auf den Weg zur Martin-Luther-Schule machen. Doch auch für Erwachsene ist es zu mancher Tages- und vor allem Nachtzeit ein langer Weg zum Fürchten.

Pesch & Partner, Sieger des städtebaulichen Wettbewerbs für das Güterbahnhof-Areal, schlugen deshalb vor zehn Jahren schon vor, auf Höhe der Wendefläche einen neuen Durchgang durch den Bahndamm zu bauen. Auch die Gemeinderatsfraktionen der SPD und der Grünen forderten 2008 die Verwaltung zum Handeln auf. Doch eine Machbarkeitsstudie zeigte schnell: Ein neuer Tunnel ist nicht nur bautechnisch schwierig, sondern auch teuer. Wie teuer, das wurde dem Bezirksbeirat 2009 durch einige Studentenentwürfe aufgezeigt. Denn zwei Varianten befassten sich ebenfalls mit einer neuen, gut 110 Meter langen Röhre. Allein die Vortriebskosten würden mit gut fünf Millionen Euro zu Buche schlagen. Alles in allem haben die Studenten für einen Tunnelneubau elf Millionen Euro berechnet.

Die Stadtverwaltung ging sogar noch einen Schritt weiter und sprach von mindestens 20 Millionen Euro. Denn allein eine barrierefreie Anbindung an der Deckerstraße, heute gibt es dort eine Treppe und eine etwa 40 Meter lange, steile Rampe, könne mit dem Bau eines Aufzuges schnell einen zweistelligen Millionenbetrag ausmachen.

Mittelerweile war die Stadtverwaltung nicht untätig und hat jede Menge Gespräche mit der Deutschen Bahn. Hier ist es, laut Stadtplanungsamt, ein Vorteil, dass durch die Maßnahmen für Stuttgart 21 rund um den Bahnhof Bad Cannstatt ein Gleis wegfällt und die Stadtplaner dadurch mehr Spielraum haben, den „schauerlichen“ Tunnel zu verschönern. Denn der von vielen Fraktionen lange Zeit erhoffte, komplett neue Durchlass scheitert wohl an den utopisch hohen Kosten von rund 20 Millionen Euro.

Kein Geld für Aufzug

„Wir wollen den heutigen Tunnel dennoch, so weit es geht, öffnen und heller gestalten“, sagte Stadtplaner Heinz Sonntag vor einem Jahr. Hierbei sitze auch die Firma Daimler mit im Boot. Denn die Stadt denkt darüber nach, für ihre Verschönerungsmaßnahmen angrenzendes Gelände vom Automobilbauer zu erwerben. Insgesamt sollen die Maßnahmen rund drei Millionen Euro kosten. Bei diesem Kostenrahmen verstehe es sich natürlich auch, dass für einen Aufzug an der Deckerstraße kein Geld vorhanden sei. Wobei er angesichts seiner Lage nach Meinung des Stadtplanungsamtes eh nicht „lebensfähig“ wäre. Die soziale Kontrolle dort ist schwierig und er wäre wohl regelmäßig kaputt. Das Problem: Ohne Aufzug wird es dort keine 100-prozentige Barrierefreiheit geben können. Denn für eine entsprechende Rampe fehlt dort schlicht und ergreifend der Platz. Im Bezirksbeirat waren sich die Fraktionen jedoch einig, dass - wenn der Tunnel verbessert werden soll - es nur über eine zu 100 Prozent barrierefreie Variante geschehen kann. Nur eine optische Verschönerung werde seine Akzeptanz nicht steigern und werde schlussendlich auch nicht der Entwicklung auf dem Güterbahnhof-Areal gerecht. Der Antrag der SPD wurde einstimmig befürwortet. Die SPD fordert umgehend einen Bericht über den Planungsstand für einen neuen Seelbergdurchlass und über die Kosten der möglichen Varianten.