Von Dietholf Zerweck

Stuttgart - 17 Liedduos nacheinander: Das Programm des Festkonzerts gab schon einmal einen Vorgeschmack auf den Internationalen Wettbewerb für Liedkunst, der bis Sonntag in der Stuttgarter Musikhochschule von der Hugo-Wolf-Akademie veranstaltet wird. 1987 kam der Wettbewerb von Wien nach Stuttgart, und nun findet er zum zehnten Mal hier statt. Von der ungarischen Mezzosopranistin Katalin Halmai, Preisträgerin aus dem Jahr 1990, bis zum jüngsten Gewinner 2014, dem Bariton Ludwig Mittelhammer, waren im ausverkauften Konzertsaal der Musikhochschule reiche Facetten der Liedkunst zu bewundern - und ganz unterschiedliche Auffassungen, wie man ein Lied auf der Bühne den Zuhörern nahebringt.

Hugo Wolfs Vertonung von Goethes Mignon-Lied „Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn“ machte den Anfang, und Halmai trumpfte dabei mit Wagner’schem Pathos auf, tatkräftig unterstützt von Eric Schneider, der bei den ersten beiden Wettbewerben den Sonderpreis als bester Liedpianist erhalten hatte. Mit ganz anderem Pathos, mit trotzig grimmiger Mimik und dabei durchaus textbezogen, interpretierte Dietrich Henschel den „Prometheus“ von Goethe und Wolf, ebenfalls aus dem Preisträgerjahrgang 1990 ließ Birgid Steinbergers silbriger Sopran Schuberts „Erlafsee“ und „An den Mond“ erglänzen.

Andere atmosphärische Akzente setzten die spanischen Beiträge: Julio Fernández, Tenorpreisträger 1994, brachte Granados und Albéniz mit Grandezza zum Klingen, die Mezzosopranistin Anna Alàs i Jové verzauberte mit Manuel de Fallas „Nana“-Wiegenlied und im Gegensatz dazu mit einem rhythmisch spektakulären „Canto negro“ von Xavier Montsalvatge. Elena Copons setzte ihren Soubrettensopran mit einer Prise Zarzuela kapriziös in Szene, der Tenor Antón García Abril hielt sich kantabel an Schuberts „Auf dem See“.

Nicht jeder erfolgreiche Opernsänger ist auch ein überzeugender Liedinterpret. Das zeigte sich zum Beispiel bei André Morsch, seit 2011 im Ensemble der Stuttgarter Oper, dessen Wiedergabe zweier Mörike-Lieder Hugo Wolfs stärker von Kerstin Mörk am Klavier inspiriert war, die 2012 mit dem Sonderpreis als beste Liedpianistin ausgezeichnet wurde.

Seit 2001 wird der Liedwettbewerb der Hugo-Wolf-Akademie speziell für Liedduos ausgeschrieben: Die kammermusikalische Partnerschaft zwischen Sängerin und Begleiter kam bei der israelischen Mezzosopranistin Hagar Sharvit und Ammiel Bushakevitz, der als einer der letzten privaten Studenten Dietrich Fischer-Dieskaus dessen Meisterklassen begleitet hat, zu schöner Wirkung. Besonders begeistern konnte Evgenia Grekova mit „Nixe Binsefuß“ von Wolf und einer im seelenhaften Volkston gesungenen Romanze Tschaikowskys, wie auch Diana Haller und Katharina Landl mit Mahlers grotesker „Fischpredigt“ und Ivan Zajcs traumhaftem „Na gondoli“. Den schaurig zündenden Schlusspunkt setzten Ludwig Mittelhammer und Jonathan Ware mit einer dramatischen, hoch differenzierten Wiedergabe von Wolfs „Feuerreiter“.