„Promenade des Anglais à Nice“ von Werner Fohrer. Foto: Eberle/oh Quelle: Unbekannt

Von Elke Eberle

Esslingen - Der Mensch und die Natur sind das Maß der Dinge in Werner Fohrers Bildern. Er untersucht Licht, Schatten, Reflexionen, Ausschnitte, Durchblicke, Dickicht. Formen lösen sich auf oder werden gerade erst neu für einen Moment. Die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen ist wieder einmal mit einer Ausstellung zu Gast in den Räumen des Landratsamtes. Dieses Mal zeigt sie unter dem Titel „Zwischen Sinnlichkeit und Sachlichkeit“ 18 großformatige Arbeiten von Werner Fohrer.

Fohrers Blick auf die Welt ist nüchtern, sachlich, wertfrei. Seine Ausschnitte der Wirklichkeit bestechen durch ihre sich dem romantischen Ideal nähernde Erhabenheit; nichts muss harmonisch sein, um schön zu sein. Er konzentriert sich in höchstem Maße auf einen Ort, einen Moment, einen Blick und es gelingt ihm, deren Einzigartigkeit und Stille einzufangen. Einen sich in die weite Ferne erstreckenden Hintergrund gibt es nur selten, manchmal muss sich der Blick durch ein Dickicht aus Ästen, Sträuchern und Stämmen im Vordergrund hin zum Mittelgrund kämpfen - dort ist manchmal ein Waldboden, manchmal Wasser und immer Licht. Manchmal, wie in dem großen „Heavy Metal“ von 2011, ist kein Durchdringen möglich. Und manchmal sind Vorder- und Mittelgrund eins, sie verschwimmen wie in vielen der grandiosen Arbeiten der Serie „Waterface“. Die Ruhe und Stille in diesen Bildern ist fast hörbar. Auch in jenen eigentlich turbulenten, aber eigenartig eingefrorenen Stadtszenen unter dem Titel „Streetview“, die in London, Brüssel, Paris oder Nizza spielen.

Perfekte Illusion

Das sind die neuesten Arbeiten, sie wirken wie Abbilder zufälliger Schnappschüsse, junge Menschen mit Blick aufs Mobiltelefon bewegen sich durch die Straßen, manche sind in eigenartige Unschärfen getaucht, als wären sie nur zum Teil wirklich dort, wo sie gerade sind. In Nizza glitzerte 2015 noch verheißungsvoll an der „Promenade des Anglais“ das Meer hinter den Säulen. Spaziergänger tummeln sich auf diesem Bild unbekümmert und unbeschwert, ohne die Ahnung eines drohenden Schattens.

Werner Fohrer wurde 1947 in Esslingen geboren, nach einer Ausbildung im graphischen Bereich studierte er in Hamburg und Stuttgart. Seine Heimatstadt ist wieder Esslingen geworden, seit 1992 hat er ein Atelier in Plochingen.

Vorlagen seiner Arbeiten sind von ihm selbst aufgenommene Fotografien, Fohrer wählt gezielt Ausschnitte aus einem großen Gemenge, aus der ungezähmten Natur oder einer wogenden Menschenmenge, einer wuchtigen Berglandschaft, sich in den Himmel türmenden Schrotthaufen oder aus den die Umgebung spiegelnden Wasseroberflächen. Er schafft in seinen Großformaten eine perfekte Illusion, fast scheint das Wasser sich zu bewegen, ein Kosmos voller Licht, Bewegung und Leben. Sein Blick ist sachlich, seine Malerei äußerst sinnlich.

Wie aus einem fahrenden Auto

Seine Darstellung besticht durch ihre malerische Genauigkeit und durch die Freiheit, mit der er Dinge sieht und interpretiert. Und er findet die Einzigartigkeit im Unspektakulären. Auch in jenem „Nachtbild I/12“ von 2012, es ist ein Blick auf eine Stadt von einem erhabenen Ort aus, alles ist real, der Ort, der Moment, alles leuchtet, flirrt. Die Szene wirkt wie aus einem fahrenden Auto aufgenommen und doch ist sie in sich geschlossen und strahlt wie viele seiner Bilder eine tiefe Ruhe aus.

Auch ältere Arbeiten sind zu sehen. Eine Schaufensterscheibe ist in der Arbeit „Die stillen Beobachterinnen“ von 1979 die Grenze zur Welt. Die Grenze zwischen drinnen und draußen, zwischen dabei sein und ausgeschlossen sein, zwischen Leben und Stagnation. Und plötzlich spiegelt sich im Fenster sich ins Unendliche multiplizierende Endlichkeit.

Bis 27. Januar 2017 im Landratsamt Esslingen, Pulverwiesen 11, Öffnungszeiten: Montag bis Mittwoch 7.30 bis 15 Uhr, Donnerstag 7.30 bis 18 Uhr, Freitag 7.30 bis 12 Uhr.