Frisches Obst nach saisonalen Gesichtspunkten steht auf dem Speiseplan. Foto: dpa - dpa

Wie sich der Nachwuchs ernährt, liegt zuvörderst in der Hand der Eltern. Da Kinder und Jugendliche aber immer mehr Zeit in Tagesstätten oder der Schule verbringen und dort zu Mittag essen, sieht sich auch die Stadt in der Verantwortung.

Wie sich der Nachwuchs ernährt, liegt zuvörderst in der Hand der Eltern. Da Kinder und Jugendliche aber immer mehr Zeit in Tagesstätten oder der Schule verbringen und dort zu Mittag essen, sieht sich auch die Stadt in der Verantwortung. Welche Kriterien für Mensen gelten und welche Rolle das Thema Ernährung in Kitas und Schulen spielt, erklärt Andreas Hein, Leiter des Schulverwaltungsamts.

Macht die Stadt Lieferanten von Essen Vorgaben?

Im Schulbereich läuft aktuell die diesjährige europaweite Ausschreibung der Essensversorgung für rund 15 Schulstandorte. Bestandteil der Ausschreibungs- und somit auch der Vertragsunterlagen sind zum einen die mit der Schulgemeinde abgestimmte Leistungsbeschreibung, zum anderen die Standards und Vorgaben der Stadt – natürlich stets unter Berücksichtigung der entsprechenden Vergaberichtlinien. Die Essensversorgung in den rund 150 Kitas beim Jugendamt Stuttgart wird ausschließlich in Eigenregie organisiert und durchgeführt.


Wie sehen die städtischen Qualitätsvorstellungen aus?
Die Leistungsanforderungen im Bereich der Schulverpflegung sind beispielsweise eine Speiseplangestaltung unter Einhaltung der Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für Schulverpflegung, das heißt täglich mindestens ein vegetarisches Gericht, höchstens zwei Mal pro Woche Fleisch, saisonale Produkte, täglich Gemüse, Salat oder Rohkost. Ebenso zählen zu den Leistungsanforderungen beispielsweise auch der bevorzugte Einsatz pflanzlicher Lebensmittel, der bevorzugte Einsatz regionaler und saisonaler Erzeugnisse sowie möglichst fair gehandelte Produkte. Auch bei den Kitas orientieren wir uns an den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und dem Forschungsinstitut für Kinderernährung. So bieten wir zweimal pro Woche Fleisch und einmal Seefisch. An allen fünf Tagen gibt es vegetarische Gerichte. Seit April 2019 bieten wir noch ein speziell auf Kleinkinder ausgerichtetes drittes Menü an. Zwei- bis dreimal pro Woche gibt es frisches, Obst, je einmal Naturjoghurt und einen gesüßten Nachtisch. Unser Anteil an Bio-Produkten beläuft sich auf 27 Prozent. Auf Farbstoffe und Geschmacksverstärker wird verzichtet. Das Speiseangebot orientiert sich weitgehend an saisonalen und regionalen Möglichkeiten.


Was ist mit den Schulen und Kitas, in denen Eltern selbst kochen?
Die Stadt unterstützt zum Beispiel Schulfördervereine oder Elternvereine unter bestimmten Bedingungen finanziell, damit diese hauptamtliche Mensakräfte beschäftigen können, welche vor Ort für Lebensmitteleinkauf und Speiseplangestaltung verantwortlich sind und auf eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung achten. Bei den Kitas führen die Kita-Pädagogen ab und zu einen Selbstkochtag in Eigenregie durch. Hierzu werden sie von unseren Experten geschult.


Spielt das Thema gesunde Ernährung im Unterricht oder in Kita-Gruppen inhaltlich eine Rolle?
Insbesondere in Grundschulen spielt die Ernährungsbildung eine wichtige Rolle. Es geht darum, Kinder durch eine ausgewogene und vielseitige Ernährung mit einer entdeckenden Haltung an Lebensmittel heranzuführen. Das bedeutet auch, den Kindern zu zeigen, wo die Lebensmittel herkommen und wie diese verarbeitet werden, bis sie auf den Tisch kommen. An einzelnen Schulstandorten finden regelmäßig ernährungsbildende Maßnahmen seitens der Caterer mit den Kindern statt. Auf die Gestaltung der Bildungspläne und somit auch auf die unmittelbare Unterrichtsgestaltung hat der Schulträger jedoch keinen Einfluss. Bei den Kitas haben die Kita-Pädagogen die Möglichkeit, sich von einer Ökotrophologin zu Ernährungsexperten zu qualifizieren.


Softdrinks werden mit dafür verantwortlich gemacht, dass immer mehr Kinder übergewichtig sind. Kann da ein städtisches Amt gegensteuern?
In unseren Grund- und Ganztagsgrundschulen werden grundsätzlich keine Softdrinks oder Snackautomaten bereitgestellt. In den Schulmensen wird ausschließlich Wasser, teilweise auch Tee angeboten. In unseren Kitas wird nur Mineralwasser, Leitungswasser, ungesüßter Tee und manchmal stark verdünntes Apfelschorle angeboten.


Bewegungsmangel ist ein weiteres Problem. Reicht die Zahl der Sportstunden?
Zur Beantwortung dieser Frage ist es hilfreich zu wissen, was die Empfehlungen zur Adipositas-Prävention in Bezug auf die körperliche Aktivität sagen. Demnach wird für Kinder im Vorschulalter täglich mindestens 60 Minuten strukturierte körperliche Aktivität, mindestens 60 Minuten unstrukturierte körperliche Aktivität, nicht länger als 60 Minuten am Stück körperliche Inaktivität – ausgenommen Schlafenszeit – sowie das Erlernen grundlegender motorischer Fähigkeiten empfohlen. Im Schulalter werden eine tägliche Bewegungszeit von mindestens 90 Minuten – darunter 15 Minuten Dauer- oder Intervallbelastung – und die Förderung von Alltagsaktivitäten wie ein aktiver Schulweg empfohlen. Darüber hinaus soll täglichen Schrittzahlumfang von 12 000 angestrebt werden. Da der Schulträger keinen Einfluss auf die Gestaltung der Bildungspläne und somit auch auf die unmittelbare Unterrichtsgestaltung hat, kann die Frage letztendlich nur vom Land, welches ja für die Unterrichtsinhalte verantwortlich ist, beurteilt werden.


Gibt es über den Schulsport hinausgehende Bewegungsangebote?
An Ganztagsgrundschulen finden vielseitige Sport- und Bewegungsangebote über den Regelsportunterricht hinaus statt. Des Weiteren sind an fast allen Ganztagsgrundschulen Sportvereine mit unterschiedlichsten Wahlpflicht-Angeboten vertreten. In den Kitas stehen für Bewegung reichlich Zeit und geeignete Räume zur Verfügung.

Das Interview führte Uli Nagel