Cannstatts Abteilungsleiter Schwimmen Matthias Schmitt (zweiter von rechts) nimmt dankend die Gastgeschenke der ägyptischen Delegation - bestehend aus Ahsraf Hassan (links), Mohammed Naggar (zweiter von links) und seinem Assistenztrainer - entgegen. Foto: Niklas Heck Quelle: Unbekannt

Sindelfingen - Ein Niederländer, der nach den Europasternen greift und junge Gäste aus der heißen Wüstensonne Ägyptens: Das 43. Otto-Fahr-Gedächtnisschwimmen des SV Cannstatt präsentierte sich in einer noch nie dagewesenen Internationalität. Die Veranstaltung wurde einmal mehr im Bäderpark Sindelfingen durchgeführt.

Von Felix Heck

606 Starter, mehrere tausend Meldungen und 46 Vereine aus fünf Ländern: Könnte der 1969 verstorbene Weltklasseschwimmer Otto Fahr allein diese Zahlen sehen, er wäre wohl sehr stolz auf das, was in seinem Namen alljährlich von der Schwimmabteilung des SV Cannstatt veranstaltet wird. Bereits zum 43. Mal lud diese am vergangenen Wochenende zum 43. Internationalen Otto-Fahr-Gedächtnisschwimmen. Bereits vor Turnierbeginn zeigte sich Abteilungsleiter Matthias Schmitt äußert zufrieden mit den hohen Meldezahlen, die einmal mehr die Erwartungen überstiegen: „Wir haben 1001 Meldungen mehr als letztes Jahr, ein durchaus positives Ergebnis also.“

Dabei sind nicht nur die Anzahl der Meldungen oder die zuhauf geschwommenen Bestzeiten ausschlaggebend - viel bedeutsamer scheint die bunte Mischung an Schwimmern, die über zwei Tage verteilt ins Becken sprangen. So fand sich unter den immensen Meldezahlen neben zahlreichen Jungtalenten aus der Region auch ein ehrgeiziger Teilnehmer, für den der Weg nach Sindelfingen keinesfalls eine Anfahrt von weniger als einer Stunde bedeutete.

Empfehlung aus der Schweiz

Ganze 570 Kilometer liegen zwischen der niederländischen Heimatstadt von Thomas Verhoeven und der Stadt im Kreis Böblingen. Doch selbst die stundenlange Anfahrt, die Verhoeven gemeinsam mit seiner Mutter als persönlichen Fanclub bewältigte, schien den Niederländer nicht von einer Teilnahme abgehalten zu haben. Der Grund? „Bereits vor einigen Jahren hat mir eine Schweizer Schwimmkollegin diesen Wettkampf als Saisonvorbereitung für die Langbahndistanzen empfohlen“, so das Mitglied des Nationalkaders, der sich bei den bald beginnenden nationalen Meisterschaften eine Zeit erhofft, die für die Qualifikation zu den Europameisterschaften im kommenden Jahr ausreicht. Dass er für dieses Ziel noch weiter trainieren muss, war Verhoeven am Ende der zwei schweißtreibenden Turniertage bewusst. Entsprechend ernüchternd fiel auch die Bilanz seines ersten „Otto-Fahrs“ aus: „Ich möchte noch etwas schneller werden, denn meine persönliche Bestzeit über die Krauldistanz habe ich leider nicht erreichen können.“ Noch bleiben ihm ohnehin zwei Wochen, ehe die große Frage beantwortet werden sollte: Wird das Otto-Fahr-Gedächtnisschwimmen schon bald einen zukünftigen Europameister mehr in seinen Starterreihen gehabt haben?

Nicht unbedingt um europäische Spitzenzeiten, dafür aber ebenfalls um erste Trainingsdistanzen auf der Langbahn ging es Schwimmtrainer Fabian Wihler, der mit einem Regionalkader von 24 Schwimmern aus Zürich angereist war, bei der Anmeldung. Auch für den erfahrenen Eidgenossen war es das erste „Otto-Fahr“ - und mit Sicherheit nicht das Letzte. Denn: „Für uns war es einfach wichtig, vor der Weihnachtspause noch eine Langstrecke in die Saisonvorbereitung mitzunehmen. Daher haben wir uns für dieses hochkarätige Turnier entschieden, das dank seiner Lage in Süddeutschland auch noch relativ bequem für uns erreichbar ist und somit in der Zukunft sicherlich eine Option bleiben wird.“ Die Schwimmasse in Wihlers Begleitung stammen vorrangig aus dem Einzugsgebiet des Kantons Zürichs und der gesamten Zentralschweiz, in der sie aus den Besten ihrer Jahrgänge ausgewählt werden und zu gemeinsamen Lehrgängen eingeladen werden.

570 Kilometer aus dem fernen Amersfoort oder drei Stunden Fahrtzeit über Landesgrenzen hinweg mögen bereits nach einem gehörigen Aufwand für zwei Turniertage klingen.

Weihnachtsmarkt und Shoppingtour

Überboten wurde diese internationale Herausforderungen jedoch durch eine besonders hervorstechende interkontinentale Reise, die eine Delegation bestehend aus zwei Trainern und sechs Kindern auf sich genommen hatte: Das I.M.-Academy hatte tatsächlich aus der fernen ägyptischen Hauptstadt Kairo ins Schwabenland gefunden - dank Vermittler Ahsraf Hassan, der mit seiner Firma bereits seit Jahren Kontakte zwischen deutschen und arabischen Mannschaften herstellt. Für den erst sechs Monate zuvor gegründeten Schwimmclub war es die erste Kontaktaufnahme dieser Art, für die Trainer Mohammed Naggar zudem nur lobende Worte fand: „Das Niveau bei deutschen Wettkämpfen ist sehr hoch und wir freuen uns daher, für unsere jungen Schwimmer ein solches Erlebnis anbieten zu können.“ Neben den zwei wettkampfintensiven Tagen durfte der Spaß selbstverständlich nicht zu kurz kommen: Ein Besuch auf dem winterlichen Weihnachtsmarkt sowie eine Shoppingtour durch das Herz der Schwabenmetropole rundeten den Kurzaufenthalt der Ägypter im kalten Deutschland ab.

„Genau solche Kooperationen braucht es für ein erfolgreiches Turnier“, war sich auch Abteilungsleiter Matthias Schmitt im Hinblick auf die arabische Delegation sicher. Denn ohne sie und die anderen internationalen Gäste wäre das Otto-Fahr-Gedächtnisschwimmen nicht nur bezüglich der Meldezahlen ein deutliches Stück kleiner. Es würde auch ein Stück weit sein unnachahmlich liebevolles Flair verlieren: Nur mit Gästen wie Mohammed Naggar wird der Wettkampf ein lokales und auf höchster Leistungsebene ausgetragenes Turnier mit einem Hauch Internationalität im Gepäck bleiben.