Anastasios Bitsos (von links) an gehaltene Fünf-Meter. Quelle: Unbekannt

Drei Wasserballer des SV Cannstatt blicken auf aufregende Momente der Zweitliga-Saison 2018/19 zurück. SVC beendet Saison auf Rang 6.

27 hart umkämpfte Begegnungen, eine beeindruckende Anzahl von 349 umjubelten Treffern bei nur 327 Gegentoren und nervenzehrende Wasserballkrimis, die teilweise bis ins Fünf-Meter-Werfen gingen: Allein der nüchterne Blick auf die Zahlen lässt die spannungsgeladene Eigendynamik der vergangenen Cannstatter Wasserball-Zweitligasaison erahnen. Wer dem Traditionsverein von der Mombachquelle regelmäßig als Zuschauer seine Aufmerksamkeit schenkte, kann den statistisch vermessenen Eindruck wohl kaum dementieren: Selten hatte sich in der Vergangenheit eine Spielzeit am Neckar als torreicher, kraftvoller und für alle Beteiligten komplizierter herausgestellt. So musste „Taktikfuchs“ Andras Feher, sonst etatmäßiger Trainer am Beckenrand der Cannstatter Wasserball-Herren, zeitweise zum Teammanager mit Logistikkenntnissen mutieren: Die Armada an mannschaftsinternen Verletzungsschicksalen, weltumspannenden Auslandsaufenthalten oder Praktika in der Ferne forderten immer wieder das Gespür des Ungarn für kreative Lösungen. Der stete Wandel blieb somit bis zuletzt die einzige Kontinuität der Saison, die dem erfolgreichen Abschneiden der Wasserballer aber keinesfalls im Wege stand: Das Team wird die Saison auf Platz sechs beenden. Hinzu kommt ein Achtungserfolg aus dem SSV-Pokal, bei dem der SVC erst im Viertelfinale vor überstarken Neustädtern demütig den Hut ziehen musste.

Für DSV-Pokal qualifiziert

Die Qualifikation für den nationalen DSV-Pokal wurde durch die starken Auftritte dennoch gesichert – erstmals seit 2017 wird der Traditionsverein damit in der kommenden Saison wieder in bundesdeutschen Gewässern nach Torerfolgen fischen dürfen.

Soweit liest sich die trockene Bilanz der Zahlen, die auf noch mehr Cannstatter Lichtblicke nach der Sommerpause hoffen lässt – doch wie durchleben eigentlich die Akteure im Wasser eine solche Wahnsinns-Saison? Zum „Saisonrückblick der Emotionen“ wird ein seltener Perspektivwechsel gewagt: Statt altklugen Analysten vom Beckenrand kommen die Spieler selbst zu Wort – es berichten der verletzungsgeplagte Kapitän, ein zum Pokalhelden avancierter Torhüter und ein SVC-eigenes Jungtalent hautnah von ihrer Wasserballsaison 2018/19 und ganz individuellen Höhepunkten.

Den Anfang im Reigen der SVC-Zweitliga-Akteure macht Eigengewächs und Spielführer Lennart Löscher, der, durch Verletzungspech gebeutelt, immer wieder zur Zuschauerrolle verdammt und trotzdem begeistert vom neuen Auftreten des alten SV Cannstatt war: „Mein Lieblingsmoment der Saison war das Spiel in Friedberg, wo wir mit acht Leuten die lange Reise antreten mussten und auch ich erst mein zweites oder drittes Spiel nach der OP hatte. Trotz der dezimierten Anzahl und der gedrückten Stimmung im Bus, haben wir dort erfolgreich um den Sieg gekämpft, wozu ich zum Glück auch drei Tore beitragen konnte. Noch ein Lieblingsmoment aus persönlicher Sicht war das Spiel in Ludwigsburg, bei dem ich nach der bereits zweiten OP in dieser Saison noch einmal ins Wasser springen konnte. Das war für mich ein ziemliches Highlight. Schade war, dass wir den Kader vom Saisonanfang aus diversen Gründen nicht in der Dichte und Qualität zusammenhalten konnten. Mit dem startenden Kader hätten wir ganz locker um die Medaillen mitgespielt, am Ende wurde es eben wieder das Mittelfeld. Trotzdem hat die Saison mit dieser Mannschaft wieder großen Spaß gemacht. Ich glaube, wir bauen da gerade eine gute Basis auf, um langfristig wieder in die Bundesliga aufsteigen zu können.“

Erstmals nicht nur als Fan auf der Tribüne verfolgte Jugendspieler Valentin Tuda die Geschehnisse der diesjährigen Zweitliga-Saison. Der 17-Jährige bildet, gemeinsam mit Mannschaftskollege Moritz Hartmann, die hoffnungsvoll herangezogene junge Achse der Herrenmannschaft und zeigt sich zudem hellauf begeistert vom Cannstatter Pilotprojekt in der U-18-Bundesliga: „Vor allem dieses besondere Konzept in der U 18, bei dem wir mit Spielern aus anderen Heimatclubs als Spielgemeinschaft unter Cannstatter Führung zusammenkamen, war sehr besonders für den Verein. Unser erster Sieg gegen Hamburg war dann ein wirklich schöner Moment mit dem U-18-Bundesligateam. Da hat man gemerkt, dass wir endlich unser Potenzial als zusammengewürfelte Mannschaft umsetzen konnten. In der ersten Mannschaft war mein Highlight natürlich außerdem mein erster Treffer und das gute Ankommen unter den erfahrenen Spielern.“

Das letzte Wort gehört dem letzten Retter in der Not. Auch in der zweiten Saison im Unterhaus hütete Anastasios Bitsos in gewohnt verlässlicher Manier das Tor seines Herzensvereins. Besonders in Erinnerung geblieben ist dem Griechen seine nicht ganz unbeteiligte Rolle im nervenaufreibenden Fünf-Meter-Krimi gegen Frankfurt: „Generell würde ich sagen, dass jedes Spiel seine Einzigartigkeit hatte und Momente produziert, an die man sich gern zurückerinnert. Unser Pokalspiel gegen Frankfurt, wo wir nach einer schlechten Anfangsphase dann ins Fünf-Meter-Werfen gekommen sind und ich zwei Schüsse parieren konnte, sticht aber sicherlich heraus. Das war definitiv ein schöner Moment, genauso wie das Spiel in der nächsten Runde gegen Neustadt, bei dem wir irgendwann nur noch sieben Mann waren und uns trotzdem lediglich ganz knapp geschlagen geben mussten. Da war wirklich jede meiner Paraden eine Entscheidung, ob wir gewinnen oder verlieren. Wir sind auch sonst eine Hammermannschaft mit leider immer wieder vielen personellen Sorgen. Ich glaube, dass wir als Truppe mit unseren Stärken künftig mehr verdient haben als nur das zweitklassige Mittelfeld.“