Sarah Kornau aus Münster war die einzige Sportlerin, die bei den Weltmeisterschaften der Transplantierten im Rollstuhl antrat. Dennoch gewann sie unter anderem im Tischtennis eine Bronzemedaille. Foto: TransDiaSport Quelle: Unbekannt

Von Torsten Streib

Málaga/Münster - Wenn Sportler auf Wettkämpfe gehen, dann steht häufig die Medaillenjagd im Vordergrund. Gold, Silber oder Bronze gibt es jedoch erst nach einer gewissen körperlichen Anstrengung. Sarah Kornau - Mädchenname Münzenmaier - die in Münster aufgewachsen ist, ergatterte in den Wettkämpfen zwar zweimal Bronze, hatte eine weitere Medaille jedoch schon vor dem ersten Schweißvergießen in der Hand: Sie nahm an den World Transplant Games, den Weltmeisterschaften der Organtransplantierten, in Málaga teil und jeder Starter bekam vorab eine Medaille überreicht. Diese hatte symbolischen Charakter und soll so viel bedeuten wie: „Wir waren und sind alle Gewinner, bevor wir überhaupt angetreten sind. Denn wir leben!“ sagt Sarah Kornau. Dementsprechend seien auch die Verlierer bei den Wettkämpfen allesamt Sieger, denn „wir sind alle noch am Leben.“ Eine Organspende machte es möglich - auch für die 34-jährige Sarah Kornau. Vor zweieinhalb Jahren rang die Münsterin völlig überraschend mit dem Tod. „Ich war kerngesund und schlagartig wurden meine Leberwerte immer schlechter.“ Die Gründe waren unbekannt. Sie wurde immer müder, schlief 40 Stunden am Stück, fiel gar ins Koma und lag in Tübingen auf der Intensivstation. „Meine einzige Rettung war eine Lebertransplantation.“ Da ihre Lage so akut war, stand sie ganz oben auf der Warteliste für eine Organtransplantation. „Ich bekam die neue Leber und ein neues Leben. Ohne die Transplantation wäre ich am nächsten Tag tot gewesen.“ Zwischen der Erkrankung und der Lebertransplantation lagen gerade mal neun Tage.

Das neue Organ hat Kornau gut angenommen, startete im Vorjahr bei den Europameisterschaften der Organtransplantierten und Dialysepatienten im finnischen Vantaa und gewann dreimal Gold im Tischtennis. Auch bei der Leichtathletik wollte sie damals starten, verknackste sich aber den Fuß. Im Nachhinein stellte sich das als kleiner Bruch heraus. Diese kleinen Knochenbrüche häuften sich in der Folgezeit. „Als Organtransplantierte bin ich infektionsanfälliger, versuche mich deshalb, vor Bakterien und Keimen zu schützen, was nicht immer gelingt. Zudem haben die vielen Medikamente die Knochen porös gemacht.“ Die Folge: Seit vergangenen Oktober sitzt sie im Rollstuhl. Dies scheint sie recht gelassen zu nehmen. „Vorrangig bin ich froh, dass ich noch lebe. Das ist sehr schön. Der Rollstuhl ist zu verkraften.“ Zumal es Hoffnung auf Besserung gebe. „Mein Ziel ist, im nächsten Jahr bei der Europameisterschaft und dann auch im Jahr danach bei der nächsten WM stehend anzutreten. Erste Schritte kann ich bereits wieder vorsichtig machen.“

2000 Organtransplantierte starteten in Málaga, Sarah Kornau war die einzige Teilnehmerin im Rollstuhl. Das hinderte sie aber nicht daran, den Stehenden Paroli zu bieten. Vor allem im Tischtennis. Da lieferte sie der späteren Siegerin aus dem Iran einen harten Fight, verlor knapp und wurde letztlich Dritte. Dieselbe Medaille durfte sie sich im Darts umhängen lassen. Beim Petanque kam sie bis ins Viertelfinale und auch bei der Leichtathletik - im Ball- und Speerwurf - ließ sie - trotz des Rollstuhls - Athletinnen hinter sich. Vor allem die Leichtathletik-Veranstaltung war für die Lehrerin, die mittlerweile in Kirchheim wohnt und in Göppingen an einer Förderschule unterrichtet, beeindruckend und sehr emotional. 1400 Sportler waren im Stadion. „Wenn man bedenkt, dass ohne ein neues Organ der Großteil nicht mehr am Leben oder schwer geschädigt wäre, dann war es schon beeindruckend, alle so vital zu sehen.“

Die Münsterin engagiert sich auch bei TransDia Sport Deutschland. Der Verein organisiert verschiedene Wettkämpfe, zeigt die Wichtigkeit von Organspenden auf und informiert zu diesem Thema. Darüber hinaus spielt Kornau Tischtennis beim DJK Sportbund Stuttgart. Dort habe sie in den vergangenen Monaten viel Unterstützung erfahren. „Es schien sofort selbstverständlich, dass ich auch im Rollstuhl wieder am Training teilnehme. Der Hausmeister kümmerte sich darum, dass ich selbstständig in der Halle zurechtkomme. Spielerinnen, Spieler und Trainer nahmen sich Zeit, mit mir zu trainieren, passten Umgebung und Übungen an und konnten mich immer wieder motivieren.“ An den Europameisterschaften im nächsten Jahr möchte sie - wie gesagt - aber wieder stehend teilnehmen. „Der Sport macht mir Mut und gibt mir Kraft, dass das gelingen wird.“

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