Quelle: Unbekannt

Viele Anträge auf Abwahl sind beim VfB schon eingegangen. Die Vorlage gibt es im Internet.

Stuttgart Der Protest gegen den Präsidenten geht weiter, unübersehbar und unüberhörbar. Beim Trainingsauftakt des Fußball-Zweitligisten VfB Stuttgart mit 4500 Besuchern am Donnerstagnachmittag hängten die Ultras vom Commando Cannstatt und vom Schwabensturm zwei große Dietrich-raus-Plakate auf und bekräftigten ihre Forderung auch mit vereinzelten gemeinschaftlichen Dietrich-raus-Rufen. Wolfgang Dietrich, der umstrittene Clubchef, soll weg.

Am 14. Juli (13 Uhr) steigt in der Mercedes-Benz-Arena die VfB-Mitgliederversammlung. Es steht auch eine Wahl an. Es geht dabei aber nicht um den Präsidenten, sondern um den vakanten Posten des dritten Präsidiumsmitglied neben Wolfgang Dietrich und Bernd Gaiser.

Es könnte allerdings sein, dass noch ein zweites Votum hinzukommt – keine Wahl, sondern eine Abwahl. Die Abwahl des in der Kritik stehenden Präsidenten, auf dessen Rückzug Teile der Fans und Mitglieder nach dem Abstieg gehofft hatten. Doch einen Rücktritt wird es nicht geben. Wolfgang Dietrich sieht sich in der Dienstpflicht – er ist gewählt und will seine Amtszeit erfüllen. Deshalb streben seine Kritiker nun eine Abberufung an. Bis Sonntag können fristgemäß noch Anträge zur Ergänzung der Tagesordnung um diesen Punkt gemäß Paragraf 16, Absatz 4 der VfB-Satzung eingereicht werden. Es sind dem Vernehmen nach schon mehrere Dutzend Anträge auf Abwahl des Präsidenten eingegangen. Der VfB will das indes weder bestätigen noch dementieren, sondern als Erstes seine Mitglieder mit einem Schreiben informieren, welche Anträge auf die Tagesordnung kommen.

Keine Basis für einen Neuanfang

Im Internet verbreitete sich zuletzt eine Vorlage für einen Antrag zur Abberufung Dietrichs, bei dem nur noch persönliche Daten wie Name und Mitgliedsnummer einzutragen sind, um es dann per Einwurf-Einschreiben an den VfB zu schicken. In der ausführlichen Begründung des juristisch geprüften Abwahlwunsches wird zusammengefasst, was die Kritiker Dietrich vorwerfen wie etwa mangelnde Fehler- und Selbstreflexion. Sie sehen mit ihm keine Basis für einen Neuanfang nach dem Abstieg, der „Bruch“ mit ihm wird als „irreversibel“ bezeichnet: „Seinem Wahlversprechen ,der Präsident aller zu sein‘ konnte Dietrich nie gerecht werden.“ Die Installation seines Wunschkandidaten Michael Reschke als Sportvorstand samt verbrannter Transfermillionen werden ihm auch zur Last gelegt. Die Abkehr von der ursprünglich angekündigten regionalen Verwurzelung des zweiten Investors sowie die Wirren um seine ehemaligen Firmenbeteiligungen im Fußballgeschäft sind weitere Kritikpunkte.

Das vorgefertigte Schreiben hat viel Zuspruch gefunden, die Macher haben ihr Ziel erreicht: Möglichst viele Anträge auf Abwahl zustande zu bringen und damit Druck aufzubauen, damit der Antrag auf die Tagesordnung kommt. Und somit am 14. Juli per Abstimmung geklärt wird, ob Dietrich noch eine Mehrheit hinter sich hat unter den Mitgliedern, deren Zahl sich in seiner Amtszeit mehr als verdoppelt hat, auf mittlerweile knapp 70 000.

Dietrich sieht eine Minderheit

Der Clubchef ist seit Oktober 2016 im Amt, als er ohne Gegenkandidat mit 57,2 Prozent der Stimmen für vier Jahre gewählt wurde. 2017 und 2018 wurde das Präsidium mit hoher Zustimmung entlastet, worauf Dietrich auch gerne verweist, wenn es um die Kritik an ihm geht – er sieht in seinen Gegnern eine Minderheit. Ob ein schriftlicher Vorab-Antrag auf die Tagesordnung kommt, entscheidet das VfB-Präsidium. Wolfgang Dietrich befindet also selbst mit darüber. Daraus ist aber nicht automatisch abzuleiten, dass er die eingegangenen Anträge auf Abwahl ignorieren wird. Der 70-Jährige ist dafür bekannt, sich nicht wegzuducken, wenn ihm ein rauer Wind ins Gesicht bläst. Gut denkbar, dass er sich offensiv einem Votum stellt. Sollte ein Antrag nicht auf die Tagesordnung kommen, so hat der Antragsteller bei der Mitgliederversammlung noch die Möglichkeit, die Aufnahme einzufordern – es braucht dazu 50 Prozent der Stimmen von den anwesenden Mitgliedern. 75 Prozent der Stimmen sind die Marke, die über die Abwahl zum Sturz des Präsidenten führen würde.