Stuttgarts Berkay Özcan (von links nach rechts), Andreas Beck, Dennis Aogo, Emiliano Insua, Benjamin Pavard und Takuma Asano gehen in der Halbzeit vom Platz. Foto: dpa

Von Florian Huber
Hamburg – Immerhin nahmen die VfB-Profis doch noch etwas mit. In Badelatschen, Shorts oder mit um die Hüfte gewickeltem Handtuch sahen die Stuttgarter Bundesliga-Fußballer am Samstagabend aus wie Urlauber am All-Inclusive-Buffet. Eine kleine Pasta-Bar hatten die Gastgeber des Hamburger SV vor der Kabine der Schwaben aufgebaut. Nach der 1:3 (0:1)-Niederlage reisten die Stuttgarter nicht mit leerem Magen gen Süden. Großen Hunger auf den oder gar die ersten drei Auswärtspunkte stillten auch die Nudeln nicht.
Die 90 Minuten zuvor waren wenig schmackhaft für den VfB Stuttgart verlaufen. „Ein Tag zum Vergessen“, sagte Ron-Robert Zieler, der Stuttgarter Keeper. Daniel Ginczek hatte nach drei Minuten die VfB-Führung auf dem Fuß. „Wenn ich da das 1:0 schieße, wäre alles nach Plan gelaufen, der HSV unsicher geworden“, haderte der Stürmer. Es gab noch wesentlich mehr Gründe für Stuttgarter Ärger: Nach 13 Minuten, der umstrittenen und zu harten Gelb-Roten Karte für Stuttgarts Mittelfeldmann Dzenis Burnic war der VfB nur noch zu zehnt. In der 20. Minute griff Zieler bei einem harmlosen Freistoß von Aaron Hunt daneben: Via Pfosten und Zielers Bein landete der Ball zum Hamburger 1:0 im Tor. „Es sah nicht nur komisch aus, das war es auch“, sagte Zieler zu seinem Fehler und entschuldigte sich: „Ich war im Unterbewusstsein schon einen Schritt weiter.“

„Es ist das alte Lied“

Der frühe Burnic-Platzverweis und der Zieler-Fauxpas standen sinnbildlich für die 90 Minuten der Stuttgarter im Volkspark: Der VfB machte einen verunsichert wirkenden Hamburger Sieglos Verein stark. Die Stuttgarter Schlagworte hießen: Schiedsrichter-Pech, Torwart-Panne, Auswärts-Pleite.
Sechs Anläufe hat der VfB in dieser Saison in der Fremde genommen. Jeder endete mit einem Salto Nullo, lauter Fehlversuche ohne Punkte also. „Es ist das alte Lied: Unterm Strich steht nichts. Wir spielen daheim super Fußball, das müssen wir auswärts einfach auch mal machen“, sagte Verteidiger Timo Baumgartl.
Der nach seinem Patzer starke Zieler hielt fortan, was zu halten war. Der HSV ließ viele Chancen zum 2:0 liegen. Die Stuttgarter starteten trotz Unterzahl mutig in die zweite Hälfte. Weil Dennis Diekmeier den Ball im Hamburger Strafraum mit der Hand spielte und der Video-Schiedsrichter das auch bemerkte, durfte VfB-Stürmer Daniel Ginczek nach 55 Minuten das 1:1 vom Elfmeterpunkt aus erzielen. „Wenn wir das 1:1 länger halten können, wird der HSV unruhiger und unsicherer“, sagte der einstige Hamburger Dennis Aogo, der als Sechser den gesperrten Santiago Ascacibar vertrat.
Die Crux: Als der VfB das Spiel und den nun verunsicherten HSV im Griff zu haben schien, sorgte der erste HSV-Angriff in Durchgang zwei fürs Hamburger 2:1. Andreas Beck verlor in Minute 65 das finale Duell gegen den Ex-Stuttgarter Filip Kostic, der zum 2:1 einköpfte. Der erst 17-jährige Jann-Fiete Arp sorgte mit dem 3:1 (69.) fürs 3:1 und die Entscheidung.
„Wir waren außer in Gladbach in keinem Auswärtsspiel unterlegen. Deshalb tut es sehr weh“, sagte Baumgartl. Aufgrund der langen Stuttgarter Unterzahl müsse man das HSV-Spiel gesondert betrachten, sagte Aogo. Sein Trainer Hannes Wolf erinnerte daran, dass ausgerechnet die Partien bei jenen Auswärtsgegnern, mit denen man sich als Aufsteiger auf Augenhöhe wähnt, kuriose Verläufe nahmen. In Frankfurt verlor der VfB in Überzahl in der Schlussminute mit 1:2, nun in fast 80 minütiger Unterzahl mit 1:3.
Mit dem ersten Sieg seit August sind die Hamburger nach elf Spieltagen nun bis auf drei Punkte an den Aufsteiger aus Stuttgart heran gerückt. „Der Abstand nach unten wird kleiner. 13 Punkte sind aber noch okay“, sagte Daniel Ginczek, ehe er in Richtung Kabine entschwand.
„Wir hätten uns sehr gerne abgesetzt. Es gibt immer noch ein paar Mannschaften, die sich über unsere Punktzahl freuen würden“, betonte Wolf. Über die 13 daheim gewonnenen Punkte ganz sicher. Die schwäbische Auswärts-Null, die möchte ganz sicherlich kein Konkurrent.

Statistik

Hamburger SV: Mathenia – Diekmeier, Papadopoulos, Mavraj, Douglas Santos – Ekdal (90. Janjicic), Sakai – Ito (68. L. Waldschmidt), Hunt (81. Hahn), Kostic - Arp.
VfB Stuttgart: Zieler – Beck, Baumgartl, Pavard, Insua – Burnic, Aogo – Asano, Akolo (81. Ferreira Silva), Özcan (66. Mangala) – Ginczek (75. Terodde).
Schiedsrichter: Winkmann (Kerken).
Zuschauer: 54 976.
Tore: 1:0 Hunt (20.), 1:1 Ginczek (54./Handelfmeter), 2:1 Kostic (64.), 3:1 Arp (69.).
Gelbe Karten: Douglas Santos (1), Papadopoulos (6) / – .
Gelb-Rote Karten: – / Burnic (13./wiederholtes Foulspiel).
Beste Spieler: Hunt, Kostic / Aogo, Akolo.