Im Hinspiel hatten nur die Spieler von Borussia Dortmund Grund zur Freude – der VfB verlor vor heimischem Publikum mit 0:4. Foto: dpa - dpa

Der VfB rechnet sich eine Minichance in Dortmund aus, doch die Bilanz gegen die Spitzenteams ist erschreckend. Meister der Bonusspiele ist der SC Freiburg, der zwölf Punkte aus den Duellen mit Spitzenteams sammelte.

StuttgartDer VfB hat keine Chance. Theoretisch. Denn wenn man die Aufstellungen vor der Bundesliga-Begegnung an diesem Samstag (15.30 Uhr) Mann für Mann durchgeht, dann wird Borussia Dortmund auf nahezu jeder Position besser besetzt sein als die Stuttgarter Elf. Praktisch ist es jedoch so, dass sich Fußball nicht in elfmal Eins-gegen-Eins zerlegen lässt. Aller modernen Analytik zum Trotz. Noch immer wird auf dem Platz einmal elf gegen elf gespielt – und ein funktionierendes Team kann stärker sein als die Summe der Einzelspieler.

Aus dieser Erkenntnis zieht der Fußball einen Teil seiner Faszination – und der VfB die Hoffnung auf die Minimöglichkeit beim Tabellenführer. Du hast keine Chance, also versuche sie zu nutzen, hätte es früher im Fußballjargon zu einer solchen Außenseiterkonstellation geheißen. Heute ist gerne von einem „Bonusspiel“ die Rede, wenn die Kräfteverhältnisse klar erscheinen: David gegen Goliath. Der Ex-Profi Thomas Berthold hat im SWR-Fernsehen die Begegnung des Abstiegskandidaten vom Neckar beim Titelanwärter aus dem Revier kürzlich so bezeichnet, weil die Erwartungen an den VfB nahezu bei null liegen. Also wäre bereits ein Unentschieden ein Punktgewinn, mit dem niemand wirklich rechnet.

Das Problem ist nur – im Ranking der Bonusspiele (die unteren sieben gegen die oberen sieben Clubs) weisen die Stuttgarter eine erschreckende Bilanz auf: Noch keinen Zähler haben sie in dieser Saison gegen ein Team aus dem vorderen Tabellenbereich geholt, bei einer erschreckenden Tordifferenz von 2:26.

Einfache Erklärungen für diese Fehlentwicklung lassen sich nicht finden, aber die Zahlen beinhalten alle Merkmale einer klassischen VfB-Krise: Die Ergebnisse passen nicht zu den Ansprüchen, wichtige Spieler suchen nach ihrer Form, Teile der Fans beginnen zu bruddeln und zu zweifeln, auf der sportlichen Kommandobrücke werden die Posten neu besetzt. Alles in allem hat sich nach dem Trainerwechsel von Tayfun Korkut zu Markus Weinzierl aber schnell gezeigt, dass sich die anfangs diagnostizierte Herbstdepression durch einen neuen Besen nicht einfach wegfegen lässt. Die Ursachen für die Misere liegen tiefer und begleiten Weinzierl seit Monaten. Zunächst musste er den vermeintlichen Mangel verwalten, erst in den vergangenen drei Spielen hat sich ein leichter Aufwärtstrend eingestellt. Gerade deshalb mag der Coach nicht in den Chor derer einstimmen, die das Spiel in Dortmund als „Bonusspiel“ bezeichnen. „Nein“, sagt Weinzierl entschieden, „es geht um das Ergebnis und die Leistung. Wir werden alles versuchen, um zu punkten.“

Wie es zuletzt dem FC Augsburg gegen den BVB gelungen ist und zuvor schon Fortuna Düsseldorf. Beide Underdogs bezwangen den Spitzenreiter mit 2:1 und purem Außenseiterfußball. Mehr laufen als der Gegner, ihn ständig in Zweikämpfe verwickeln und dann mit effektiven Kontern und der Kraft des Zusammenhalts zuschlagen. Matchglück gehört natürlich auch dazu, und der Aufsteiger aus Düsseldorf hat sich auf diese Art gar aus dem Kreis der akut gefährdeten Abstiegskandidaten katapultiert. Die Mannschaft von Trainer Friedhelm Funkel grüßt inzwischen von Rang elf – mit rosigen Aussichten für den Rest der Saison.

VfB möchte unbequem spielen

Meister der Bonusspiele ist jedoch Christian Streich mit dem SC Freiburg, der zwölf Punkte aus den Duellen mit Spitzenmannschaften sammelte, weil es offenbar in der Breisgauer Fußball-DNA liegt, unbequem und widerstandsfähig zu sein. So, wie sich der VfB nun auch präsentieren will. Weshalb Weinzierl die Bedeutung der Begegnung im Signal-Iduna-Park nicht herunterspielt – auch mit Blick auf die weiteren Aufgaben. Es folgen die Kraftproben mit 1899 Hoffenheim und Eintracht Frankfurt, was ebenfalls Bonusspiele werden könnten. „Jetzt gilt es, in den verbleibenden zehn Partien jeweils hundert Prozent rauszuhauen“, sagt der Trainer. Zu gut weiß er, dass, so schön sich der Begriff des Bonusspiels auch anhört, er die Gefahr in sich birgt, missverstanden zu werden.

Wie im Fall von André Breitenreiter, als dieser noch Trainer des FC Schalke 04 war. Zum Politikum wurde es, weil Breitenreiter das große Derby gegen Borussia Dortmund zum kleinen Bonusspiel degradiert hatte. Eine ähnliche Erfahrung machte zum Rückrunden-Beginn Timo Baumgartl, als sich der VfB-Verteidiger die Frage gefallen lassen musste, wieso die Stuttgarter überhaupt nach München fahren würden, wenn Baumgartl schon bei der Einfahrt in die Allianz Arena die weiße Fahne aus dem Mannschaftsbus schwenke.

Dieses Signal will der VfB nun auf keinen Fall aussenden. Im Gegenteil – mit der neu gewonnenen Stabilität im Mannschaftsgefüge sollen ein paar Extrapunkte erkämpft werden. Um zur größten Not am Saisonende noch zwei Bonusspiele austragen zu können – die Relegation. Denn dann hätten die Stuttgarter den Klassenverbleib immer noch selbst in der Hand.

Die Bonus-Tabelle

Der aktuelle Spieltag in der Bonus-Liga:

Bor. Dortmund – VfB Stuttgart Sa., 15.30

RB Leipzig – FC Augsburg Sa., 15.30

Hannover 96 – Bayer Leverkusen So., 18.00

Die Bonus-Tabelle: In unsere Tabelle haben allein die Ergebnisse der Spiele der unteren sieben der Liga gegen die oberen sieben der Tabelle Eingang gefunden.

(Stand 24. Spieltag)