VfB-Stürmer Nicolas Gonzalez (links) und Hoffenheims Kapitän Kevin Vogt kämpfen um den Ball. Foto: dpa - dpa

Die Stuttgarter hoffen heute gegen Hoffenheim auf eine Intialzündung und wollen die erstmalige Relegationsteilnahme noch verhindern.

StuttgartEs herrscht das Prinzip Hoffnung. Aus gutem Grund: Neun Bundesliga-Begegnungen und damit genügend Möglichkeiten verbleiben dem VfB Stuttgart, um sich aus dem Abstiegssumpf zu ziehen. Nur so ließe sich eine Fußballsaison retten, in die der VfB so zuversichtlich gestartet war und die ihm am Ende ein Novum bescheren könnte – die Relegation. Noch nie in seiner Geschichte musste der Verein für Bewegungsspiele den Umweg über die Entscheidungsspiele gegen den Tabellendritten der 2. Bundesliga gehen, um die Erstklassigkeit zu sichern. Doch dieses Szenario rückt unweigerlich näher, wenn den Stuttgartern keine Initialzündung gelingt. Am besten gegen ein eigentlich besseres Team wie 1899 Hoffenheim an diesem Samstag (15.30 Uhr).

„Hoffnung macht uns auf jeden Fall die Leistung der vergangenen drei Spiele“, sagt der Trainer Markus Weinzierl. „Man sieht: Die Spieler rennen und kämpfen füreinander.“ Jetzt soll sich der Zusammenhalt in Punkten auszahlen, ansonsten läuft der VfB Gefahr, vollends zum Club der verpufften Hoffnungen zu werden – vier Beispiele samt neuen Hoffnungsschimmern.

Trainerwechsel: Natürlich war im vergangenen Herbst mit dem Trainerwechsel von Tayfun Korkut zu Markus Weinzierl die große Hoffnung verbunden, dass es mit dem neuen Mann schnell aufwärtsgehen würde. Rein faktisch ist der VfB seit Weinzierls Amtsantritt nach dem siebten Spieltag auch nach oben geklettert – vom letzten auf den drittletzten Platz. Jedoch hat es nach den demoralisierenden Auftaktniederlagen unter dem Bayer (0:4, 0:4, 0:3) lange gedauert, ehe sich die Mannschaft gefunden und gefangen hat. Nun spielt der VfB in einer 3-5-2-Grundordnung, was ihm mehr Sicherheit verleiht. Weinzierl hat es zudem verstanden, dem Team zu vermitteln, dass es im Abstiegskampf über Mentalität und Kompaktheit kommen muss – und nicht über die spielerische Linie. Angst vor Namen wie Mario Gomez oder Christian Gentner (beide waren zuletzt Ersatz) zeigt er dabei nicht.

Donis/Didavi: Ach, wie wurden sie vermisst: Daniel Didavi und Anastasios Donis. Als die beiden wochenlang verletzt ausfielen, galten sie beim VfB als die großen Hoffnungsträger. Kein Spieltag verging, ohne dass der Ausfall der Offensivkräfte beklagt wurde. Der eine würde endlich Tempo in die lauen Angriffe bringen und der andere für mehr Spielkultur sorgen. Nun nehmen beide auf dem Platz immer noch keine entscheidende Rolle ein. Donis, weil er Disziplin auf und außerhalb des Platzes für überbewertet hält. So hat Alexander Esswein dem Griechen den Rang abgelaufen. Denn der Winterzugang aus Berlin scheut keinen Zweikampf und spult ein enormes Pensum ab. Dagegen ist für Didavi kein Platz in der Stammelf, weil der Mittelfeldspieler nach seinen Achillessehnenproblemen weiterhin nicht vollständig fit ist. Steven Zuber dagegen schon. Und wie Esswein bringt die zweite Leihgabe mehr Intensität und eine stärkere Physis in das Stuttgarter Spiel rein.

Neustart: Einmal mehr wurde beim VfB im Januar ein sportlicher Neustart ausgerufen. Zur Rückrunde sollte vieles besser werden. Denn Markus Weinzierl hatte ja die Winterpause, um das Team zu stärken. Zugegeben, viel Zeit blieb dem Trainer für dieses Vorhaben dennoch nicht. Trotz der Neuzugänge Zuber, Esswein und Ozan Kabak holten die Stuttgarter dann aus den ersten drei Rückrundenpartien aber wie in der Hinrunde nur einen Zähler und erlebten daraufhin in Düsseldorf einen Tiefpunkt. Der wieder erstarkte Mittelfeldspieler Gonzalo Castro bezeichnet das 0:3 aber auch als Wendepunkt, „weil wir uns so nicht mehr präsentieren wollten“. Seither wird ein leichter Aufschwung verzeichnet. Gefühlt ist er beim VfB sogar größer, als es die Ergebnisse der vergangenen Partien (zwei Niederlagen, ein Sieg) vermuten lassen. Messbar ist dagegen, dass die Mannschaft mehr läuft. Somit ist sie ein unbequemerer Gegner als in der Vorrunde.

Gegentore: Mit ihrer Dreierabwehrkette um Benjamin Pavard, die sich bei Bedarf zu einem Fünferriegel ausbauen lässt, erschweren die Stuttgarter ihren Gegnern seit Kurzem das Toreschießen. Markus Weinzierl spricht deshalb viel von der hinzugewonnenen „defensiven Stabilität“. Allerdings ist es auch so, dass der VfB zu viele Gegentore kassiert. 55 nach 25 Spieltagen sind es bislang – eine Absteigerbilanz. Denn selbst während der zuletzt besseren Partien gegen RB Leipzig und Borussia Dortmund musste der Torhüter Ron-Robert Zieler jeweils dreimal hinter sich greifen. „In erster Linie müssen wir die Hoffenheimer Offensive in den Griff bekommen“, sagt der Trainer Markus Weinzierl und findet für den positiven Trend beim VfB einen eigenen Vergleich: Hin- und Rückspiel gegen die Dortmunder. 0:4 und 1:3 lauteten die Resultate – der markante Unterschied war jedoch, dass der eine Auftritt des BVB spielerisch leicht verlief und der andere einem harten Stück Arbeit glich. Daraus schöpfen die Roten und ihr Anhang neuen Mut, den abergläubische Fans außerdem auch durch ein paar Zahlen gestärkt sehen können: Zuletzt hat das Team von 1899-Trainer Julian Nagelsmann zwölfmal hintereinander auf fremden Bundesliga-Plätzen getroffen. Letztmals gingen die Hoffenheimer am 5. Mai 2018 leer aus – beim 0:2 in Stuttgart.