Augen zu und durch: Stuttgarts Anastasios Donis (vorne) im Kopfball-Duell mit Leverkusens Panagiotis Retsos Foto: Archivbild: dpa

Von Sigor Paesler

Stuttgart – So schnell kann die Stimmung kippen. Aus der Erleichterung, wie gut sich die Fußballer des VfB Stuttgart nach der Rückkehr in die Bundesliga schlagen, wird die Angst, bis zur Winterpause in die Abstiegszone zu rutschen. Zeitweise waren sogar die Europa-League-Ränge in Sichtweite, nach der verdienten 0:2-Niederlage gegen Bayer Leverkusen ist der Relegationsrang 16 nur noch zwei Punkte entfernt. Und es steht den Schwaben noch eine harte Arbeitswoche bevor: Am Mittwoch (18.30 Uhr) geht es zu 1899 Hoffenheim, am Samstag (15.30 Uhr) kommt der FC Bayern München nach Stuttgart. In dieser Situation heißt es vor allem: kühlen Kopf bewahren.

Hannes Wolf fällt das leicht. Der Trainer hatte auch in Phasen, in denen das Team auf einem guten Weg war, gewarnt, wie schwer die Saison werden würde. Das tut er jetzt auch, aber nicht intensiver. „Wir werden alles in die Vorbereitung auf diese zwei Spiele reinlegen“, sagte Wolf. „Es ist schon ein krasses Programm. Aber es ist auch eine Chance, da was zu holen.“

Als Defensivmann Andreas Beck, der gegen Leverkusen überraschend auf der Bank saß, zwei Wochen zuvor nach dem 1:1 in Hannover erklärte, die Mannschaft wolle bis zur Winterpause 20 Punkte holen, wurde er fast belächelt. Der VfB hatte gerade endlich den ersten Auswärtspunkt der Saison geholt, hatte 17 Punkte auf dem Konto und noch vier Ligaspiele bis zum Jahresende vor sich. Jetzt, zwei Spiele später, hat die Mannschaft immer noch 17 Punkte und es klingt ein bisschen anders, wenn Wolf erklärt: „Wir wollen unheimlich gerne 20 Punkte bis zur Winterpause haben.“ Das wird schwer.

Dass es die Stuttgarter nicht geschafft haben, 2017 ohne Niederlage im eigenen Stadion zu bleiben und die Serie beim vorletzten Heimauftritt gerissen ist, sollte nicht zu hoch gehängt werden. „Die Leute müssen einfach mal akzeptieren, dass wir zuhause auch gegen eine starke Mannschaft verlieren können“, sagte Torhüter Ron-Robert Zieler nach der Schlappe gegen Leverkusen. Wie sollte man ihm wiedersprechen? Der VfB ist Aufsteiger. Verteidiger Timo Baumgartl kehrte die Sache um: „Jede Serie reißt mal. Warum soll das nicht auch auswärts passieren?“ Der VfB ist in der laufenden Saison immer noch ohne Auswärtssieg. Am Mittwoch in Sinsheim besteht die Gelegenheit, das zu ändern.

Starker Gegner

Auch der Umstand, dass die erste Hälfte gegen Leverkusen eine der schwächeren der laufenden Spielzeit war und die Taktik des Trainers nicht ganz aufging, kann als nicht ungewöhnlicher Vorgang akzeptiert werden. Solang die Partie nicht im Nachhinein als Trendwende zum Negativen eingestuft werden muss. Der Gegner war stark. „Um gegen Leverkusen was zu holen, müssen wir ein top Spiel machen“, sagte Wolf. „Und man braucht auch das Quäntchen Glück.“ Beides war nicht der Fall. Aber: „Leverkusen hat uns ja nicht hergespielt“, wie Wolf erklärte. Bayer war besser, aber die Zahl der hochkarätigen Chancen hielt sich in Grenzen. Die Stuttgarter hatten zumindest in der zweiten Hälfte eine starke Phase von 20 Minuten. Das war zu wenig, aber etwas, worauf Wolf aufbauen kann. Wie groß der Respekt der Gegner vor Bundesliga-Rückkehrer Stuttgart ist, konnte man auch an der Erleichterung bei Bayer-Coach Heiko Herrlich über den Auswärtserfolg ablesen.

Die ersten beiden Saisonniederlagen in Folge haben gereicht, damit sich im Umfeld beginnende Ernüchterung breitmacht. Dabei war nicht zu erwarten, dass sich die Mannschaft mal so eben in der Liga etablieren würde. „Uns war klar, dass wir vom 1. bis zum 34. Spieltag um den Klassenverbleib spielen werden. Daran hat sich nichts geändert“, sagte Sportvorstand Michael Reschke.

Selbst wenn bis zur Winterpause noch weitere Niederlagen dazukommen sollten, sei allen Pessimisten erklärt: Auch vor einem Jahr schwächelten die Stuttgarter vor Weihnachten, verloren in Hannover und gegen die Würzburger Kicker. Am Ende aber erreichten sie ihr Saisonziel mit Bravour.